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Wenn sich das geschäftsführende Personal nicht mehr eignet

Welche Optionen existieren, wenn sich herausstellt, dass alle Beteiligten in einem Prozess der Geschäftsführung der Aufgabe nicht gewachsen sind? Und wie kommt so etwas zustande? Die letzte Frage gehört an die erste Stelle, bevor darüber beraten werden kann, was zu machen ist, wenn das Malheur bereits wirkt. 

Zumeist kommen Menschen unter Umständen in die Verantwortung, aus denen heraus sich die Prognose erklären lässt, dass sie in der Lage sein werden, dass sie das, was sie bewerkstelligen  sollen, auch werden tun können. Dafür sprechen in der Regel sowohl die erworbenen Qualifikationen als auch die vorliegende Erfahrung. Hinzu kommen die zu erwartenden Aufgaben, die anstehen. Besteht eine Konvergenz zwischen Befähigung und Herausforderung, so können die Kandidatinnen und Kandidaten, zumindest denken das diejenigen so, die ermächtigt sind, das Mandat der Verantwortung zu übertragen, mit der Aufgabe betraut werden.

Was passieren kann, ist zum einen, dass sich die Ausgewählten von vornherein als nicht geeignet erweisen. Dann liegt eine Fehleinschätzung der geprüften Fähigkeiten und Fertigkeiten vor. In schlimmen Fällen haben die Kandidaten einen Akt der willentlichen Täuschung vollzogen. Neben der individuellen Unfähigkeit kann jedoch auch etwas anderes geschehen: die Begleitumstände wie und die Rahmenbedingungen, in denen die Gewählten agieren sollen, verändern sich radikal und dramatisch. 

Auch dann ist nicht selten festzustellen, dass sich das ausgewählte Personal als ungeeignet erweist. In diesem Falle muss es, soweit das seine bisherigen Taten und Leistungen rechtfertigen, mit Rat und Tat unterstützt werden. Bestehen allerdings bereits Zweifel, ob Eignung wie Haltung den neuen Herausforderungen entsprechen, dann muss schnell gehandelt werden, da ansonsten der Schaden kaum noch behoben werden kann. 

Der schlimmste Zustand, der produziert werden kann, ist die Koexistenz radikaler Veränderung von Bedingungen und ungeeignetem Personal. Sollte in einer derartigen Situation übrigens seitens der Auftraggeber nicht eingeschritten werden, so machen sich diese an dem zu erwartenden Desaster in hohem Maße mitschuldig und und haften dafür. Soweit dann Haftungsfragen noch einen Sinn machen. Manchmal ist die beschriebene Lage so dramatisch, dass eine Dimension der Zerstörung folgt, die eine Diskussion um die Haftung überflüssig macht.

Angenommen, das dargelegte Szenario träfe auch auf die gegenwärtige Politik zu. Dann müsste die Lage so beschrieben werden, dass die jetzige Geschäftsführung eigentlich auf Grundlage der von ihr erzielten Ergebnisse nicht mehr hätte weiter bestellt werden dürfen. Die Haltung, die sich hinter ihren Handlungen verbarg, korrespondierte nicht mit dem Willen derer, die sie beauftragt haben. Und die Handlungen selbst ließen immer wieder vermuten, dass andere, feindliche Auftraggeber mehr Einfluss hatten, als der vermeintlich legitime Souverän.

Hinzu kommt, dass zwei radikale Veränderungen der Rahmenbedingungen während der mittlerweile langen Amtszeit ein ebenso radikales Umdenken erfordert hätten. Das eine ist die Veränderung des Verhältnisses zu den USA. Dort hat sich ein Patronat verwandelt in den Status eines strategischen Konterpunktes. Eine Neudefinition und neue Positionierung des eigenen Standortes ist längst überfällig. Was stattdessen folgte, war ein Festhalten an alten Loyalitäten, letztendlich eine Garantie für ein Fiasko.

Die andere Veränderung wurde verursacht durch die auf alle Lebensbereiche ausstrahlende technologische Revolution. Dieser mit Bedächtigkeit zu begegnen, muss nicht immer schlecht sein. Sie jedoch in der gesamten Denkweise zu ignorieren wird zu einem ebenso desaströsen Erwachen führen wie die die blinde Traditionspflege gegenüber den USA. Das Agieren innerhalb der EU ist nur eine Fortsetzung der beschrieben misslichen Lage. 

Wir haben es mit einer Krise in doppeltem, nein, in dreifachem Sinn zu tun: 1. Haltung wie Fähigkeiten des beauftragten Personals entsprechen seit langem nicht dem Auftrag. 2. Die geänderten Rahmenbedingungen erfordern ein radikales Umdenken bei der Auswahl des zu beauftragenden Personals. 3. Diejenigen, die beauftragen und für die Mandatierung des geschäftsführenden Personals verantwortlich sind, sind zu zögerlich und sind bereits in der Haftung. 

Sie klagen zwar seit langem über Art und Inhalt der Geschäftsführung, lassen es aber geschehen. Sie wären gut beraten, schnellstens eine außergewöhnliche Gesellschafterversammlung einzuberufen, die gegenwärtige Lage zu beraten, die Geschäftsführung zu entlassen und eine neue zu berufen.

Nichts ist umsonst und alles hat seinen Preis

Ein kulturelles Massenphänomen scheint sich, zumindest in bestimmten Kreisen, stabil etabliert zu haben. Es ist das Gefühl, dass Institutionen, die das eigene Leben unterstützen und regeln und Leistungen, auf denen vieles andere aufbaut, selbstverständlich sind. Die Nutznießer all dessen fragen nicht mehr, woher das kommt, weil es sie nicht interessiert. Das könnte als das stereotype Lamento derer gewertet werden, die nur noch auf das Leben zurückschauen, wenn das Phänomen nicht eine gravierende politische Dimension hätte. Es handelt sich nicht um eine altersspezifischer Erscheinung, sondern um ein kollektives Versagen. Ein Versagen des Gedächtnisses und, schlimmer noch, ein Versagen praktischer Kompetenz.

Sehen wir es gleich politisch, dann wird es deutlich. Alles, wovon Menschen, die bestimmte Gehälter bekommen, Sozialstandards, die in Anspruch genommen werden und gesetzliche Bestimmungen, die Menschen vor den Kannibalen des Eigennutzes schützen, alles ist das Ergebnis von Koalition und Kampf. Nichts, aber auch gar nichts wird geschenkt im Leben. Und alles, was etwas nützt, hat seinen Preis. So war es mit Löhnen, so war es mit Versicherungen, so war es mit Rechten, so war es mit Gesetzen. Wer denkt, das alles seien die philanthropischen Gaben eines politischen Systems, der hat die Geschichte der Gattung nicht begriffen. Und diese Bemerkung gilt systemübergreifend, wer nicht kämpft, hat keine Rechte.

Grundlage einer jeden sozialen und politischen Auseinandersetzung ist die Koalition. Und das wohl wichtigste Recht dieser Gesellschaft ist das Koalitionsrecht. Wer sich nicht zusammenschließen darf, startet jede Art von Emanzipationsbestreben aus der Illegalität heraus. Daher ist es das Wichtigste, was wir haben. Das Problem, dass sich aus unserer Gesellschaft immer mehr herausschält, ist die Aufweichung der Koalitionsrechte. Und zwar von innen heraus. Nicht rechtliche Einschränkungen gefährden die Koalitionsrechte, sondern die Passivität derer, die das Recht haben, sie wahrzunehmen.

Die große Organisation und Koalition für die ökonomischen Kämpfe und alles, was damit zusammenhängt, sind die Gewerkschaften. Sie waren in Deutschland die größeren ihrer Art weltweit und ihr Arm reichte bis in jede Chefetage. Durch chronische Arbeitslosigkeit und viele Faktoren die Entmündigung und Selbstbestimmung von innen wie von außen wurde ihr Einfluss beträchtlich unterminiert. Aus einem Kampforgan ist eine in Regierungskreisen verkehrende Bürokratie geworden, die zwar nach wie vor vieles garantiert, auf der anderen Seite jedoch die schmerzhaften Auseinandersetzungen scheut. Ihre Position im „systemrelevanten“ Volkswagenkonzern illustriert das ganze Dilemma.

Die einst große politische Partei, die aus den ökonomischen Bedürfnissen das politisch Folgerichtige formulierte, hat durch die Geschäftsführung der Regierung seit dem „Ende der Geschichte“ im Jahr 1990 kontinuierlich ihre Essenz verloren. Heute gehört sie zu einem bürgerlich gemäßigten Konglomerat, in dem sich auch andere, historisch weniger bedeutende Parteien wiederfinden. 

Gibt es einen Weg zurück? Existiert die Möglichkeit, dass sich die historisch einst erfolgreichen Organisationen der Koalition wieder zu dem entwickeln, was ihre Stärke ausmachte? Die Beantwortung dieser Fragen hängt sehr stark mit dem zusammen, was sich in den Köpfen derer abspielt, die in dem ganzen Spiel eine Rolle wahrzunehmen haben. Fragen sie sich, was sie gerne hätten, was ihr Bedürfnis mit ihnen macht und was sie brauchen, um ihr Leben möglichst ruhig weiterführen zu können? Dann ist die Antwort negativ. Oder fragen sie sich, was klug und notwendig ist, um dem systematischen Feldzug der Bereicherung und Zerstörung entgegenzutreten? Dann könnt etwas entstehen.