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Nur noch Notbeleuchtung

Insgesamt beläuft sich das Unterstützungspaket der EU in Bezug auf die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise auf ein Volumen von 1,8 Billionen Euro. Geht man davon aus, dass die Folgen in einer derartigen Dimension klassifiziert werden, ist es verwunderlich, dass die Beschaffung von Impfstoffen, die ihrerseits seitens der EU mit einem Einsatz von 2,7 Milliarden Euro beziffert werden. Wenn davon ausgegangen wird, wie allseits bekundet, dass die Impfung als der maßgebliche Schritt zur Bekämpfung der Pandemie angesehen wird, ist das Knausern bei der Beschaffung eines Mittels zur Ursachenbekämpfung und das Füllhorn hinsichtlich der Folgen eine Kuriosität, die sich jeglicher Erklärbarkeit entzieht.

Es geht, wie bei der Beschränkung der Bürgerrechte, immer um die Verhältnismäßigkeit. Wer an die Grundfesten der verbrieften Rechte geht, und sich auf spekulative, nicht gesicherte Annahmen stützt, muss damit rechnen, dass, trotz einer überbordenden Geduld der Bevölkerung, kleine Anlässe genügen, um die Zorndepots zu füllen. Wird das Vorgehen einerseits durch Vollmundigkeit, andererseits durch Dilettantismus eskortiert, ist die eigene, moralische und politische Insolvenz nicht mehr weit.

Zu viel ist aus dem Ruder geraten, als dass das Narrativ einer wirksamen Krisenbekämpfung noch Geltung hätte. Wie idiotisch klingt es mittlerweile, dass Ärzte von Reputation bereits zum Einsatz vom russischen Impfstoff Sputnik V raten, weil es sich dabei um ein traditionelles, nicht durch Genmanipulation designtes Mittel handelt und ohne weiteres zu erwerben ist. Noch vor kurzem wurden die russischen Bemühungen mit Spott und Häme überzogen, getragen von  geostrategisch aus den USA lancierten Motiven. Wer große Reden hält, und dann im Hinterzimmer um Unterstützung bettelt, darf sich nicht wundern, wenn das schönen Bild über Nacht zerbröselt.

Schreckliches deutet sich an. Ein befreundeter Nervenarzt berichtet, dass er zunehmend Patienten aus der Finanzverwaltung in seinem Behandlungszimmer antrifft, die wegen der anstehenden Insolvenzen dem Druck nicht mehr standhalten und in tiefe Depression verfallen. Ein ebenso geschätzter Mediziner berichtet von Patienten, die ihn baten, sie mit einem chinesischen Vaczin, dass sie selbst wo auch immer erworben hatten, zu impfen. Das Entsetzen über die anstehenden wirtschaftlichen und sozialen Verwüstungen steigt genauso wie das Misstrauen in die Handlungsfähigkeit der eigenen Organe. Dazu braucht es keine Populisten, sondern einzig und allein die immer stärker ins Auge stechende Unfähigkeit.

Gepaart wird diese mit einem Instrument, das immer auch ein Indiz der Hilflosigkeit ist, der Nebelkerze. Ein „Impfgipfel“, bei dem man sich darüber unterhält, wie der Impfprozess koordiniert werden kann, ohne dass der entsprechende Impfstoff vorhanden wäre, soll den Eindruck zielgerichteter Aktivität vermitteln, entpuppt sich jedoch schnell als hektische Ratlosigkeit. Der Glaube, dass derartige Manöver noch wirken, sagt etwas über die Suggestionskräfte der Handelnden aus, nur gesellschaftlich wirken tut es nicht. 

Die Empörung wächst, und, angesichts des Festhaltens am Überlegenheitsgestus bei gleichzeitig miserablen Ergebnissen steigert sie sich im Zeitraffer. Fehler und Fehleinschätzungen einzugestehen sorgt in der Regel für das Anwachsen von Vertrauen. Leugnen und das Festhalten an der Big-Mouth-Strategie bewirkt das Gegenteil.

So ist es keine Spekulation, dass mit Fortschreiten der Krise und dem Festhalten an dem eingeübten Narrativ mit dem Bewusstwerden der nachhaltigen Schäden in den Bereichen der Wirtschaft wie der Kultur und bei den sozialen wie psychischen Folgeschäden sich etwas anbahnen wird, was auch ohne die Faktizität des Klimawandels für eines sorgen wird: den heißesten Frühling seit Bestehen der Republik. Daran wird die Fortsetzung des Lockdowns, der Variante gesellschaftlicher Notbeleuchtung, nichts ändern.