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Wie aus dem Führerbunker

Wer glaubt, dass es irgendwann gut ist mit dem wirren Gerede und der Hetze, mit der wir täglich konfrontiert sind, hat sich mächtig geirrt. Lässt man den Narren freien Lauf, so feiern sie ihre Feste, als gäbe es kein Morgen mehr. Vielleicht ist die momentane Situation am besten so zu beschreiben. Und, um eine menschliche Komponente gleich einfließen zu lassen, will man es ihnen verdenken? Jahrzehnte lagen sie in den Kellern des öffentlichen Interesses, beruflich ist ihnen vieles misslungen und eigentlich hatten sie sich auf eine Randexistenz eingestellt. Und nun, wie aus dem Nichts, stehen sie im Rampenlicht und ihr paradoxes Gestammel wird behandelt, als handele es sich um Aussagen mit respektablem Sinn. Der Apparat steht ihnen zur Verfügung und niemand stehle sich aus der Verantwortung, der es ihnen ermöglicht hat, sich zu ermächtigen, sich auf die Kommandobrücke zu begeben und hektisch nach den Eisbergen zu suchen, auf die sie willentlich, sofern man ihnen das attestieren kann, auf sie zuzusteuern. Und sich zu erfreuen bei dem riesigen Crash, der ihrem Kurs folgt.

Wer die Beschreibung für übertrieben hält, dem sei empfohlen, sich an die eignen Verlautbarungen aus der Blase zu halten. Sie ist vergleichbar mit allem, was aus den letzten Tagen des Führerbunkers bekannt ist. Auch da wurde mit Schaum vor dem Mund vom Endsieg gefaselt, dort wurden Pillen eingeworfen bis zum Stillstand der Augen, und die Lust entstand beim Verschwimmen von Wunschdenken und Realität. Es braucht keinen Enthüllungsjournalismus mehr, keine noch so auf Quellen gestützte Recherche, um die Gemeingefährlichkeit dieser Blase zu dechiffrieren. 

Die einzige Zwangslage, die das irre Corps dort noch zu entziffern fähig ist, liegt im Sieg über das Böse. Zunehmend werden aus dem Lager der grünen Bellizisten Aussagen gemacht über die mögliche Lieferung billiger Energieträger aus Russland im kommenden Frühjahr. Mal heißt es, der Krieg sei dann gewonnen und Russland werde beherrscht, mal heißt es nur, Putin bringe sich letztendlich selber um und Russland öffne dann eigenhändig die Tore. Aber, und das lässt dann meistens für einen Nano-Sekunde das irre Lachen verschwinden, wenn das Öl und Gas wieder billig zu haben ist, was passiert dann mit dem ökologischen Umbau? Zuverlässigerweise  überwiegt das Gefühl der Ranküne. Selbstredend wird der Unsinn von den Qualitätsmedien in den Äther referiert, als handele es sich um seriöse Fakten.

Ja, es gibt kein Halten mehr. Gut so. Denn mit Ratio ist der Prozess der Zerstörung nicht mehr aufzuhalten. Die einzige Erlösung, die noch erhofft werden kann, liegt in einem schnellen Prozess der Zerstörung. Die Gesellschaft, die sich selbst bei einem derartigen Szenario lediglich kopfschüttelnd abwendet, hat eine frühe Rettung nicht verdient. Sie muss durch die Hölle und einen Neubeginn redlich erleiden. Was Mut macht, sind die vielen Initiativen, die momentan entstehen. Sie beruhen auf dem Gedanken der gegenseitigen Hilfe, sie verzichten auf den großen ideologischen oder politischen Überbau und sie demonstrieren, wie es eigentlich sein sollte: Vertrauen auf die eigenen Potenziale und Möglichkeiten, direkte Wege, einfache Lösungen und Nutzen für alle Beteiligten. Dass sich das viele nicht mehr vorstellen können, dokumentiert den gegenwärtigen Zustand. Nur stehen, stehen wird die Zeit nicht bleiben.

Deutsche ohne Gas!

Da sage noch einer, Geschichte sei eine langweilige Materie! Denn manchmal kommt sie daher wie ein von einem Besessenen arrangierter Film, der so abstrus wirkt, dass das zuschauende Publikum ihn für übertrieben, aus der Luft gegriffen und zu weit von allem Wahrscheinlichen entfernt hält. Wer, bitte schön, hätte, auch unter den Siegermächten, im schicksalhaften Jahre 1945 daran gedacht, das mit dem Aggressor Deutschland zu machen, was ihm jetzt, genau gerechnet 77 Jahre später, ins Haus steht? Nein, man hat sich mit Petitessen begnügt, das Land geteilt, erst einmal unbewaffnet gelassen, was später nach der Entstehung neuer Feindbilder wieder aufgehoben wurde. Man hat über einen Agrarstaat räsoniert, man hat die Politiker, die Journalisten und die Pädagogen ausgebildet und zumindest die sichtbarsten Nazis aus dem Blickfeld entfernt. Aber die stärkste Waffe, oder, um es beim Namen zu nennen, das tödlichste Werkzeug der menschen- und zivilisationsverachtenden Tötungsmaschine hat man ihnen belassen. Dass jetzt ausgerechnet das Land, welches in der Folge derer steht, die am meisten unter dem deutschen Größenwahn gelitten haben, nämlich Russland, am sprichwörtlich längerem Hebel sitzt, gehört zu dem abgefuckten Drehbuch, an das sich selbst ein Tarantino nicht wagen würde und nach dem momentan Regie geführt wird. Der Russe dreht den Deutschen das Gas ab!

Dass es nicht ganz so ist, wie es von den in der Verantwortung stehenden Politikern beteuert wird, gehört schon längst nicht mehr zu den Realitäten, über die es sich aufzuregen lohnte. Kalt könnte man es so formulieren: wer seine Politik an Werten orientiert, die er selbst nicht mehr lebt und die Interessen des eigenen Landes ignoriert, der fährt ohne Helm mit einem Kickdown frontal auf eine Wand zu. Insofern ist alles, was da noch kommen wird, der eigentliche Durchhänger des Films, den wir uns gerade ansehen. Denn dass weder die inflationär in die Welt gesetzten Sanktionen noch der eigen Hass auf die eigne industrielle Basis irgend etwas anderes bewirken könnte, als den eigenen Ruin, wissen nur noch diejenigen, die es werden ausbaden müssen.

Das Ensemble, das für dieses Himmelfahrtskommando in der Verantwortung steht, weist allerdings starke Parallelen zu dem kleinen Kreis auf, der die letzten Monate im Ableben des Dritten, Tausendjährigen Reiches im Führerbunker sich neben Opiaten, Morphinen, Tranquilizern und allem, was sonst noch die Sinne trüben kann in einen ultimativen letalen Siegesrausch gesteigert hat. Auch das wirkt übertrieben, aber anders als die Protagonisten in Adolfs letzter Höhle stehen diese Figuren immer wieder einer zunehmend sich die Augen reibenden  Öffentlichkeit zur Verfügung und dokumentieren ihren eigenen Verfall. Wer hätte noch vor einigen Jahren geglaubt, dass einst die höchsten Amtsträger des Landes nicht mehr der deutsche Sprache mächtig sind, dass sie pausenlos Ursache mit Wirkung verwechseln und dass sie mit Parolen aufwarten werden, die Wort für Wort dem Propagandachef des Führers entlehnt sind? Und doch, es ist so, sehen Sie hin und hören Sie es sich an! 

Der Film ist noch nicht zu Ende! Und er ist nichts für schwache Nerven. Diejenigen, die bereits wissen, dass das alles nicht gut ausgehen kann, haben teilweise bereits das Kino verlassen, andere, die noch im Publikum sitzen, haben sich mittlerweile die Lippen blutig gebissen, weil sie es nicht mehr ertragen. Und alles zittert einem ungewissen Ende entgegen.

Nur einer auf den hinteren Rängen johlt unentwegt, wirft sich pausenlos Popcorn in den Rachen und brüllt durch den Saal: Es ist nicht zu fassen! Jetzt nimmt man denen das Gas weg! Genial! Einfach genial!