Das Entsetzen, die Irritation und zuweilen sogar die Kränkung sind groß. Unabhängig, auf wen ich treffe, und unabhängig, welchem politischen Lager die jeweiligen Personen zugehören: Das, was der Kanzlerkandidat der CDU/CSU nach der Wahl an Kurswechsel hingelegt hat, verdient ein Unmaß an demokratischer Empörung. So, wie diese Figur mit dem Verhältnis von Kandidat und Auftraggeber umgegangen ist, kann nur eine Bezeichnung den Sachverhalt treffen: Betrug. Entsprechend sind auch die Reaktionen. Da ist vom Lügenbaron die Rede, von der großen Schuldenkoalition (Schuko) und es wird sogar zum Vergleich Walter Ulbricht zitiert („Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten“). Jede Form der emotional aufgeladenen Reaktion ist verständlich und alles zusammen wird dazu beitragen, dass der Mann, wie es so schön heißt, durch ist. Seine Reputation ist dahin.
Doch unabhängig davon sollten bei der Betrachtung Kühle und Maß die Oberhand behalten. Fest steht, dass Friedrich Merz alles, was er vor der Wahl zum Besten gegeben hat, danach umgehend aufgab, um erstens Kanzler werden zu können und zweitens dem Ansinnen seiner Auftraggeber zu entsprechen. Die Kompromisse, die er mit der SPD und den Grünen schloss, haben zwar von der eigenen, vor der Wahl gezeichneten Kontur nicht mehr viel übrig gelassen. Da stellt sich die berechtigte Frage, was denn mit dem vielen Geld, das als Schuldenlast zu Buche schlagen wird, geschehen soll. Und da sticht ins Auge, dass sowohl bei den beabsichtigten Militärausgaben als auch bei dem, was unter der Überschrift Infrastruktur genannt wird, ein Auftragnehmer in spe heraussticht: BlackRock. Und bei der Dimension, die da im Raum steht, ist das Nasenwasser, was die als Zivilgesellschaft deklarierten Claqueure sozialdemokratischer und grüner Weltanschauung bekommen, eine nicht zu berücksichtigende Größe. Anders verhält es sich mit dem Klimafond, der die militaristischen Grünen letztendlich doch mit ins Boot holte. Denn dieser hat zwar nichts mit Klimarettung, allerdings viel mit einem weiteren Prozess der De-Industrialisierung zu tun.
Das alles spielt sich allerdings noch vor einer anderen interessant zu beobachtenden Dramaturgie
ab. Und die bezieht sich auf das Abstimmungsverhalten eines zwar formal noch bestehenden, allerdings bereits abgewählten Parlament ab. Sind dort alle Parlamentarier, auch die, die im neuen Bundestag nicht mehr vertreten sind, ebenso mit dem Gedanken der Demokratie durch wie die, die jetzt den großen Putsch noch durchführen wollen? Machen die alle mit, wie sich das die jenseits von der Erkenntnis Stehenden, dass sie Auftragnehmer des Wählerwillens sind, vorstellen? Man sollte sich diejenigen merken, die kein Mandat mehr besitzen, die Umsturzpläne unterstützen, die, machen Sie sich da mal nichts vor, in der Zwangszeichnung von Kriegsanleihen und in militärischen Abenteuern in Osteuropa enden werden, wenn die ganzen Agenten der Rüstungsindustrie, die durch großzügige Zuwendungen ihren Platz in dem neuen Dreigestirn haben, auch noch in Ämter gehoben werden.
Ich habe mir den Spaß erlaubt, mir die aktuelle Situation, mit der Art und Weise, wie dem Wahlvolk der Stinkefinger gezeigt wird, in anderen Ländern Europas vorzustellen. Man nehme nur unsere Nachbarn im Westen. Da rauchten bereits die Barrikaden und das Parlament wäre durch das aufgebrachte Volk abgeriegelt. Ja, in Germanistan schlagen die Uhren anders. Nur, wenn das Fass einmal überläuft, dann ist mit allem zu rechnen. Auch mit dem, was als unvorstellbar gilt.

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