Grundsätzlich ist gegen ein Regime-Change nichts einzuwenden. Sollten die Bedingungen erfüllt sein, die Wladimir Ilic Lenin einmal lapidar mit dem Satz beschrieben hat, dass die Voraussetzungen für eine Revolution dann gegeben seien, wenn die Oben nicht mehr können und die Unten nicht mehr wollen. Wenn also die Bedingungen von innen heraus gegeben sind, dann spricht vieles für einen Regime-Change.
Es verhält sich allerdings anders, wenn die Situation von außen manipuliert und zugespitzt wird. Wenn eine dritte Macht bezahlte Agent Provocateurs in einem fremden Land rekrutiert, bezahlt und dazu anstachelt, ein Bild zu erzeugen, das suggeriert, dass die Unten nicht mehr wollen. Um gleichzeitig Informationen zu verbreiten, dass die Oben auch nicht mehr können. In der geheimdienstlichen Fachsprache nennt man eine derartige Intervention ein Framing.
In der jüngeren Geschichte, und damit ist die Periode vom Ende des II. Weltkrieges bis heute gemeint, haben sich einige Regime-Changes ereignet. Das Interessante dabei ist, dass eine qualitative Zäsur zwischen denen, die von innen heraus entstanden und denen, die von außen initiiert wurden. Die von außen geframten kamen häufiger vor als die von innen heraus. Und sie haben in keinem Fall zu einer Verbesserung der Verhältnisse geführt. Die Länder wurden weder demokratischer, noch führten die von außen gesponserten Revolutionen zu einer Verbesserung der Lebensverhältnisse eines Großteils der Bevölkerung. Meistens forderten diese Art der Regime Changes einen hohen Blutzoll. Insgesamt säumen Millionen Tote diese Art der Veränderung der politischen Verhältnisse von außen. Indonesien, Chile, El Salvador, Nicaragua, Iran, Irak, Argentinien, Libyen – die Liste ist lang und die Resultate sind verhängnisvoll. Pate und Instrukteur: USA.
Die eingangs gemachte Äußerung, dass gegen Regime Changes generell nichts einzuwenden ist, hat, zumindest was die jüngere Geschichte anbetrifft, eine Voraussetzung: dass sie von innen heraus geschehen und ohne Beteiligung von außen durchgeführt werden können. Und, betrachtet man zumindest die europäische Bilanz, sind in den Fällen, bei denen autoritäre Regimes gestürzt wurden und die ohne Beteiligung der USA vonstatten gegangen sind, die Resultate positiv. Wir reden von Griechenland, von Portugal und von Spanien. In allen drei Fällen wurden autoritäre Militärdiktaturen gestürzt und die Veränderungen tatsächlich von einem Großteil der Bevölkerung getragen. Und es lässt sich dokumentieren, dass die Verhältnisse sich für den Großteil der Bevölkerung verbessert haben, ohne dass bluttriefende Perioden dazu erforderlich gewesen wären.
Der Zusammenbruch der Sowjetunion war ein grandioser Umbruch, der eine ganze Reihe von Regime Changes zur Folge hatte. Die wurden sehr schnell in den Kampf um die Neuordnung der einstigen bipolaren Welt unter die Vorherrschaft der USA gezogen und mussten sich positionieren. Die Versuche, das Wiedererstarken Russlands zu verhindern, haben alle Möglichkeiten einer friedlichen Entwicklung innerhalb einer gesamteuropäischen Sicherheitsarchitektur im Keim erstickt.
Die Konsequenzen, die sich aus dieser Betrachtung ergeben, sind einfach zu formulieren: Wenn die Souveränität eines jeden Landes anerkannt wird, über den Weg, den es gehen wird, von innen heraus zu entscheiden, sind die Vorzeichen für einen Regime Change als durchaus verheißungsvoll zu bezeichnen. Wenn von außen interveniert wird, wenn Konflikte in Länder getragen und als unüberbrückbar deklariert werden, dann versinken diese Länder für nicht unerhebliche Zeiträume im Chaos. Wer solche Geschäftsmodelle präferiert, hat in der Zivilisation nichts verloren.
