Erst verkalkulierst du dich in deinem Größenwahn und dann bist du tödlich beleidigt, wenn dein vermeintliches Opfer die Zähne zeigt und dich eines Besseren belehrt. Dann erweisen sich deine Verbündeten als frivole Gesellen, die mehr ihren eigenen als den gemeinsamen Vorteil im Sinn haben. Und es kommt hinzu, dass dein großer Bruder plötzlich alles Mögliche veranstaltet, nur nicht das, was du von ihm gewohnt bist. Wenn dir soviel Schlimmes widerfährt, dann solltest du keinen schlechten Branntwein trinken, sondern dich besinnen.
Stattdessen fällt dir nichts anderes ein, als die alten Gewissheiten, die längst keine Geltung mehr zu besitzen, zu beschwören. Immer wieder, bis auch deine eigene Familie mit fug und recht beginnt an deiner Redlichkeit oder deinem Verstand zu zweifeln. Zunächst glaubt dein näheres Umfeld tatsächlich, du littest an einer Unpässlichkeit. Doch je länger deine Halsstarrigkeit in einem veränderten Umfeld anhält, desto mehr wird dir eine schwere Krankheit attestiert. Dass du es mit den anderen hältst, die dich nach Strich und Faden an der Nase herumführen, will immer noch niemand glauben. Denn solch ein Frevel ist in der ganzen Familiengeschichte noch nicht vorgekommen. Aber so langsam zweifeln alle. Denn die eigenen Oberhäupter aus Krankheitsgründen unter Kuratel zu stellen, davor schrecken immer noch alle zurück.
Über dem Haus lastet wahrlich ein Fluch. Das Unternehmen hat sich grandios verzockt. Der Ruin winkt und man muss um alles fürchten, was den alten Wohlstand ausgemacht hat. Der handwerklichen Mühe und Perfektion will sich niemand mehr widmen. Die getätigten Anlagen erwiesen sich als falsch. Und die Nachkommen sehen in der Tradition keine Perspektive mehr und sinnen aufs Auswandern. Und damit nicht genug. Der Familienfrieden ist dahin, die Nachbarn werden zunehmend gehässiger, es wird immer widerlicher um Kleinigkeiten gestritten, jeder denkt nur nicht an sich selbst und handelt nach der Devise „Nach mir die Sintflut!. Das einzige, was den Familienrat noch inspiriert, ist die Frage nach den Schuldigen. Alles andere tritt in den Hintergrund.
In einer solchen Situation noch an Selbstheilungskräfte zu glauben, fällt zunehmend schwer. Der Vater liegt krank im Bett, die Mutter ist überlastet und wird zunehmend hysterisch, die Kinder sind aus dem Haus geflohen, die Untermieter warten auf eine günstige Stunde ohne Aufsicht, der eine Onkel lässt sich längst von einem Übernahmeinteressenten bezahlen und verrät wichtige Interna, der andere sitzt mit Omas Schmuck bereits am Spieltisch im Casino und die Tante treibt es mit Offizieren aus Übersee.
Ja, so werden Familiensagas geschrieben, die sich irgendwann für großes Kino eignen, im Moment ihres Geschehens jedoch als Tragödien erlebt werden. Und sollte ein solches Szenario irgendwen an aktuelle Ereignisse, auch in größerem Rahmen, erinnern, dann ist das sicherlich nicht rein zufällig. Aber keinesfalls boshaft geplant!
