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Krieg: Ordnen Sie Ihre Verhältnisse!

Während nach dem Anschlag in Moskau die Verschwörungstheorien in Orient und Okzident auf Hochtouren laufen, bewegt sich der Ukraine-Krieg auf der nächsten Eskalationsstufe. Dass dieses nicht im Fokus der Aufmerksamkeit liegt, macht es gefährlich. Denn die tatsächlichen Fakten, die dieser Krieg produziert, sollen den Bevölkerungen in Ost und West nicht vermittelt werden. Denn dann würde sehr schnell deutlich, dass es um nichts anderes als Macht und Dominanz geht. Vergessen Sie das Schicksal russischer Bevölkerungsgruppen auf dem Territorium der Ukraine und lassen Sie sich nicht ins Bockshorn jagen und glauben, die Ukraine verteidige so etwas wie die liberale Demokratie. 

Von polnischer, lettischer und litauischer Seite wird nun von einer wachsenden Gefahr gesprochen, die von Belarus ausgeht. Dass Weißrussland als Verbündeter Russlands zu rechnen ist, ist kein Geheimnis. Und dass das Land eine Grenze sowohl zu Polen, Lettland, Litauen als auch zur Ukraine hat, macht es zu einem Faktor, der bis dato nicht sonderlich thematisiert wurde.  Klar ist, dass sich ein nicht unbeträchtliches Kontingent russischer Soldaten auf dem Territorium von Belarus aufhält. Entweder, um von dort aus Richtung Ukraine zu marschieren, oder, um Weißrussland bei einem Angriff zu unterstützen.

Bei den aktuellen Kämpfen ist diese Region unbeteiligt. Die Möglichkeit Russlands, in den heißen Konfliktzonen des Krieges Erfolge zu erzielen, hat sich beträchtlich vergrößert. Würde Russland mehr Soldaten mobilisieren, dann könnte sich das Blatt sehr schnell zu Russlands Gunsten endgültig gewendet haben. Um dieses zu verhindern, ist es unter anderem erforderlich, die in Weißrussland stationierten russischen Truppen zu binden.

Da kommen die NATO-Mitglieder Polen, Lettland und Litauen ins Spiel. Indem diese Länder eine wachsende Bedrohungslage seitens Belarus reklamieren, können sie Truppen aus anderen NATO-Ländern anfordern. Letztere, unter anderem deutsche, sind bereits da und stehen an der Grenze von Belarus. Damit binden sie die russischen Truppen, denn ohne diese wäre ein bisher hypothetisches Vorrücken von NATO-Verbänden zumindest bis Minsk eine eher anspruchslose Übung. 

Indem die NATO diese Taktik verfolgt, die formal legitim ist, unterstützt sie, neben den Waffenlieferungen, neben der Ausbildung von ukrainischem Kriegspersonal und neben der finanziellen Unterstützung der staatlichen Administration durch die EU und neben den zahlreichen Sanktionspaketen gegen Russland durch selbige um einen gravierenden Schritt weiter die Ukraine. Die aktive Kriegsbeteiligung ist auch nach internationalem Recht mittlerweile gewährleistet. Alle roten Linien sind überschritten und hört man sich die Höllenhunde des Bellizismus an, so soll es so weiter gehen. Ein Konzept, wie das Gemetzel beendet werden kann, liegt nicht vor. 

Die Konzentration von NATO-Truppen an der belarussischen Grenze kann der Punkt sein, an dem sich der Flächenbrand entzündet. Wie jede andere, wie auch immer geartete Form der Eskalation. Hören Sie bitte auf die Megaphone der Waffenlobby und des us-amerikanischen Imperialismus! Es geht ihnen seit Beginn des Krieges nicht um die Restitution der Ukraine. Es geht um die Vernichtung Russlands. Zum dritten Mal in der Geschichte. Wie die ersten beiden Versuche ausgingen, sollten Sie in der Schule gelernt haben! Führen Sie sich das bitte vor Augen, bevor Sie Ihre Angelegenheiten regeln. Denn das sei Ihnen dringend empfohlen, wenn dieser Kurs vom Wahnsinn Getriebener beibehalten bleibt. Oder wollen Sie auch im Privaten nichts als Unordnung hinterlassen? Geben Sie sich keinen Illusionen mehr hin! Die Vernunft ist fern von großen Teilen der Regierungen. Also ordnen Sie Ihre Verhältnisse, solange noch Zeit ist! 

Die größte Gefahr ist und bleibt der Krieg

Was ist mehr zu fürchten? Die Inbesitznahme der wichtigsten Staatsämter durch die AfD und eine vermeintliche Gleichschaltung der Gesellschaft, organisierte Massendeportation und Kriminalisierung jedweder nicht genehmer politischer Meinungsäußerung oder ein Krieg, der eskaliert und zu einer möglichen Verwüstung Europas führt? Wer ehrlich ist, muss sich diese Frage stellen. Und nicht nur das. Es ist auch abzuwägen, welche Option wahrscheinlicher ist. Bei einer gekaperten Presse durch wenige Monopole und mit dem Wissen, dass Meinungsforschungsinstitute durchaus in der Lage sind, bestimmte Antworten zu designen, muss ich offen zugeben, dass mich die Kriegseskalation mehr irritiert als die andere Option.

Laut dem wissenschaftlichen Dienst des Bundestages ist die Bundesrepublik Deutschland bereits aktive Kriegspartei gegen Russland und eine weitere waffentechnologische Eskalation wird das nicht revidieren. Die insgesamt seit Kriegsbeginn durch die Bundesrepublik aufgebrachten Mittel zur Finanzierung dieses Krieges belaufen sich auf 170 Milliarden Euro. Da in den USA ein Kandidat ins Feld ziehen wird, der seiner Wählerschaft verspricht, dass es zu seiner ersten Amtshandlung gehören wird, zumindest die amerikanische Beteiligung an dem Krieg in der Ukraine zu beenden, reist ein aufgeregter Kanzler nach Washington und bittet den zunehmend der Senilität überführten gegenwärtigen Präsidenten und Senatoren beider Parteien, die Fortsetzung des Krieges auch finanziell zu gewährleisten.

Der ukrainische General, den die Edelkomparse Selenskij soeben entlassen hat, hatte den Fehler begangen, davon zu reden, dass dieser Krieg gegen Russland nicht zu gewinnen sei. Aus russischen Kreisen ist hingegen zu vernehmen, dass eine Ausweitung des bis dato konventionell geführten Krieges auf weitere NATO-Beteiligung seitens Russland nicht zu stemmen ist und nur durch den Einsatz von Atomwaffen kompensiert werden kann. Wer die Dramatik dieser Entwicklungen bagatellisiert, steht auf den Gehaltslisten von Kriegsgewinnlern oder hat seinen Verstand komplett verloren. An politischem Personal, dass unter diese Diagnose fällt, scheint es gegenwärtig in der Bundesrepublik nicht zu mangeln.

Folglich sind die Enthüllungen des selbst ernannten und unter anderem von amerikanischer Seite finanzierten Recherche-Verbundes Correctiv eine willkommene Irritation eines komplett verunsicherten Publikums. Dieses ist dabei, mit den Kriegsgewinnlern und Kriegstreibern Seite an Seite gegen eine Gefahr zu demonstrieren, die in keinem Verhältnis zu den Missetaten derselben stehen. Das einzige, was anscheinend den Regierenden wie den Meinungsschmieden in diesen Tagen zu gelingen scheint, ist die Stigmatisierung aller, die noch den Versuch machen, ihren eigenen Verstand einzusetzen und auf das zu hören und zu schauen, was sie selbst sehen, aber in keiner offiziellen Darstellung zu sehen ist. 

Wie es der Zufall will, berichtete gestern eine Diplomatin, dass auf dem Kiewer Flughafen kein ukrainisches, sondern amerikanisches Sicherheitspersonal Pässe und Visa kontrolliert und dass die Kiewer hinter vorgehaltener Hand ihren Wunsch nach Frieden äußern und auf das Ende der Waffenlieferungen hoffen. Die Verhältnisse dort sind bedrückend, und junge Männer gehen längst nicht mehr auf die Straße, weil sie befürchten, dort aufgegriffen und direkt an die Front gebracht zu werden. Dass die hiesige Mischpoke eingebetteter Journalisten derartige Tatsachen nicht berichtet, ist nicht anders zu erwarten und dass eine Bundesregierung nicht einmal über ein DIN A4 Blatt verfügt, auf dem ein möglicher Frieden skizziert wäre, deutet daraufhin, wo die Gefahr zu suchen ist.  

Die Sonnenfinsternis der Diplomatie und die Heiligsprechung der Einfalt

Auf welcher Schule wird eigentlich das Fach Eskalation gelehrt? Ich kann mich nicht entsinnen, je eine Institution in unseren Breitengraden kennengelernt zu haben, in der das der Fall war. Ganz im Gegenteil, in Schulen und Universitäten wurde zumindest meiner Generation vermittelt, dass die unreflektierte, grenzenlose und durch Gier oder Hass gespeiste Eskalation zu nichts Gutem führt. Und während meines gesamten Arbeitslebens verging kein Jahr, in dem es keine Seminare gab, in denen man Kenntnisse und Fähigkeiten erwerben konnte, wie man mit Eskalation umgeht und sie wegen ihres kontraproduktiven Charakters neutralisieren kann, um wieder zu einem vernunftgeleiteten Handeln zu kommen. Und, seien wir gerecht, die Generationen nach mir haben das auch nicht anders vermittelt bekommen. Ich hatte eher den Eindruck, dass Konfrontation und Widerstand fälschlicherweise immer mit etwas exklusiv Negativem und mit destruktiven Eskalationsgelüsten gleichgesetzt wurde. Was zu einer Verzerrung und einem Verlust von diskursiver Kompetenz führte.

Umso erstaunlicher ist es, dass wir in allen Sphären der Gesellschaft von Eskalationsgelüsten belästigt werden. Von dem Versuch, kleine Probleme damit zu lösen bis zu internationalen Konflikten, in denen die Handelnden exklusiv nur über das Instrument der Eskalation verfügen. Das Kapitel des Krieges in der Ukraine ist mehr als beredt, eine Eskalationsstufe folgte der nächsten, obwohl es nachweislich Korridore der De-Eskalation gab. Und das Resultat wird immer deutlicher: man hat sich von dem Ziel, der Ukraine zu helfen, immer weiter entfernt. 

Das Gleiche zeigt sich jetzt im Nahen Osten. Noch gestern verkündete die Außenministerin, ihrerseits eine Allegorie für die Sonnenfinsternis der Diplomatie, dass sie, um Israel zu schützen, den Weg frei machen würde für die Lieferung von Kampfjets nach Saudi Arabien. Dass dieses Land seit Jahren einen Krieg gegen den Jemen führt, der seinerseits starke Bande in den Iran hat und dass dadurch der Konflikt zu einem Flächenbrand werden kann, der bereits in der ganzen Region schwelt, spielt bei dieser Kalkulation keine Rolle und dokumentiert, dass die Eskalation per se das einzige Besteck zu sein scheint, über das diese Figur, wie viele andere eben auch, verfügt. 

Es hilft auch nicht, einen Begriff wie die Zeitenwende in den Äther zu blasen, um alle Prinzipien von Vernunft und Diplomatie über Bord zu werfen und wie eine politische Klasse in der Analphase überall, wo man gerade daherstolziert, seine stinkenden Haufen abzusetzen. Gefragt ist das, was Millionen Menschen in diesem Land täglich tun: bei der Arbeit, im sozialen Umfeld, bei ihrem Engagement in welchen Kreisen auch immer. Sie hören zu, sie bringen Argumente vor, sie geben denen, die sich daneben benehmen, das Signal, dass sie sie wahrnehmen. Sie lassen sie ausreden, sie unterstellen ihnen erst einmal gar nichts und sie arbeiten an Vorschlägen, wie man zu einem Weg finden kann, auf dem man sich für eine bestimmte Zeit unter bestimmten Bedingungen arrangieren kann. Stattdessen wird jede Form der Eskalation mit Hass und Rache gespeist, Öl ins Feuer gegossen und die Lunten in Brand gesetzt.

Wer sich in einer solchen Situation, die seit einigen Jahren als Normalität verkauft wird, darüber wundert, dass es so langsam auch im Innern ungemütlich wird, ist in seiner Einfalt kurz vor der Heiligsprechung.