Schlagwort-Archive: Depression

Depression

Jahreszeit und Stimmung eins
Düster ist die Depression
Hoffnung liegt im Schatten
Ohne Schimmer.

Keine Noten auf dem Tresen
Kein Kredit mehr im Blick
Geldeintreiber allenthalben
Werte ausgeschöpft.

Leere Tonnen, gestopfte Container
Und Regale übervoll
Viele Wünsche bleiben offen
Und im Gully liegt die Schuld.

Leitfiguren ohne Ideen
Inkasso Moskau überall
Verzweiflung mit Rendite
Arbeit lohnt sich wirklich nicht.
Depression

Papiertiger

In Phasen der großen Ratlosigkeit ist es klug, sich ähnliche Situationen aus der Vergangenheit zu vergegenwärtigen. Wann war es schon einmal so, wie im Moment? Was habe ich da gemacht? Was hat mir geholfen? Mit wem habe ich mich beraten? Was hat mir Erleichterung verschafft? Und wer konnte mir weiterhelfen?

Diesen Rat gab ich vor wenigen Tagen einem alten Bekannten, der zu mir kam und bekannte, dass er nicht mehr weiter wüsste. Er verwies auf den ihn umgebenden Allgemeinzustand und sprach von einem Krisengeflecht. Und als ich ihm die obigen Fragen nahelegte, winkte er enttäuscht ab und beteuerte, dass er das alles bereits durchgespielt habe. Das Problem sei nur, dass er noch nie so ratlos gewesen sei, wie im Moment. Immer habe er einen Funken Hoffnung in sich getragen, damit sei es aber seit geraumer Zeit vorbei.

Und als ich ihn fragte, was ihn denn konkret so umtriebe, sah er mich an, als sei ich ich ganz bei Sinnen. 

„Da fragst du noch? Na hör mal! Da ist eine Politik, die sich nur noch um Krieg und seine Befeuerung dreht, da ist eine Öffentlichkeit, die das auch noch feiert, da ist keine Stimme, die sich erhebt und dagegen aufsteht. Da wird alles Geld der Welt in die Vernichtung von Mensch und Umwelt gesteckt und immer mehr Rentner leben aus der Mülltonne, immer mehr Kinder gehen ohne Frühstück in die Schule, immer mehr Menschen können von einem Job nicht mehr leben, immer mehr Menschen stehen irgendwann ohne Ausbildung da, der öffentliche Verkehr funktioniert nicht mehr, die Straßen sind kaputt, und immer mehr Menschen müssen die wenigen Oasen des Luxus und der Selbstergötzung umschiffen wie feindliche Riffe. Und nichts tut sich: Ein moralischer Aufschrei reicht, und alle blasen ins gleiche Horn. Und wer seinen eigenen Verstand gebraucht, der wird gemobbt und für unzurechnungsfähig erklärt. Und da fragst du mich, was denn los ist? Hast du irgend etwas verpasst?“

Ich muss gestehen, dass ich seine Beschreibung tatsächlich zu einem Großteil teilen musste. Und dass die Verhältnisse so sind, ist für viele weder ein Geheimnis noch das Resultat einer Verirrung in Verschwörungstheorien. Und, indem ich meinem Bekannten gut zusprach und es mit Humor versuchte, ging ich die Fragen, die ich ihm zuerst zur Orientierung gegeben hatte, noch einmal für mich durch. Die Antworten halfen doch. Ich kann mich zugegebenermaßen auch nicht daran entsinnen, dass die Lage bereits schon einmal in meinem bewussten Miterleben so war wie heute. Zwar hatte ich krisenhafte Situationen bereits erlebt und da hatte mir immer geholfen, mir ein Ziel zu setzen und direkt auf es zuzugehen, egal, wie groß der Widerstand war. Denn Krisen, so mein Resümee, sind durch Mutlosigkeit nicht zu überwinden. Und beraten hatte ich mich immer mit meinem konkreten Umfeld. Und dann wurden Beschlüsse gefasst und gehandelt. Egal, was andere sagten oder dachten. Und weiterhelfen konnten mir diejenigen, die in so etwas erfahren waren und ihren Biss nicht verloren hatten. Die Zauderer und Relativierer halfen da nie, nur die Mutigen konnten die eigene Entschlusskraft befeuern. Und jeder aktive Schritt verschaffte Erleichterung. Das bloße Betrachten führte dagegen zu Mutlosigkeit und Defätismus.

Das alles erzählte ich dann meinem Bekannten. Und wir waren uns einig, dass das Aussprechen dessen, was ihn so verdross, der erste Schritt gewesen war, um sich auf den Weg zu begeben und aktiv zu werden. Und dann betrachteten wir noch die Papiertiger, die in jeder Vitrine stehen und den Zustand in seiner ganzen Fragwürdigkeit und Erbärmlichkeit repräsentieren. Und dann mussten wir sogar lachen. Unterschätzen, das haben wir uns dann versprochen, wollten wir sie nicht. Aber Angst, das war uns klar, wäre zu viel des Guten. Das wäre lächerlich. Ein Papiertiger bleibt nun einmal ein Papiertiger. 

Ökozid. Suizid – Bitte aufhören!

Es kann eher als eine natürliche Reaktion bezeichnet werden, wenn jetzt, zu einem Zeitpunkt, an dem zunehmend klarer wird, dass die bestehende Welt sich – wieder einmal – gewaltig verändern wird, mehr und mehr Menschen die Frage stellen, wie die Zukunft wohl aussehen wird. An vielen Orten sind Foren, Initiativen und Zirkel entstanden, die sich dieser Fragestellung exklusiv widmen. Zumeist geht es dort allerdings um Aspekte des Zusammenlebens, um die Verhältnisse in der Arbeitswelt, um die Organisation des täglichen Lebens und um die gesellschaftliche Verfasstheit. 

Letzteres enthält deshalb eine besondere Brisanz, weil es hoch politisch ist. Welche Rechte wird der Mensch brauchen, mit welchen Mitteln wird der Staat ausgestattet sein, werden Nationen noch eine Rolle spielen oder werden Staat wie Nation durch etwas anderes ersetzt werden? Vieles wird davon abhängen, welche Menschen und welche Gruppen von Menschen als das bezeichnet werden können, was man als das historische Subjekt bezeichnet. Es wird darauf ankommen, wer die Initiative ergreifen und sich politisch durchsetzen wird. Es ist spannend, und es ist brisant. Und wie immer, anhand der ausgewählten Themen kann man relativ schnell sehen, mit wem man es zu tun hat.

Mit großem Marketing-Aufwand hat die ARD unter dem Titel „Wie wollen wir leben?“ die aktuelle Befindlichkeit aufgegriffen. Mit dem Regiekniff eines Gerichtsdramas wurde gestartet, und zwar mit der Namensgebung „Ökozid“. Dort standen heutige politische Akteure vor einem Gericht der Zukunft, angeklagt wegen ihrer Politik des zu zauderhaften Vorgehens gegen den Klimawandel. Es ging um Schadensersatz. Der nächste Plot, der mir im Programm auffiel, hieß schlichtweg Gott. Dort ging es um aktive Sterbehilfe und die freie Entscheidung des Individuums, seinem Leben ein Ende zu bereiten. Ethisch eine brisante und eine seit Urzeiten diskutierte Frage. Nach dem Ökozid also der Suizid. Was noch fehlt, um das Bild zu komplettieren, wäre ein Beitrag mit dem Titel Genozid. Da könnte dann das historisch bereits vorexerzierte Thema eines moralisch gerechtfertigten Krieges wie 1990 auf dem Balkan noch einmal dem Publikum nahegebracht werden. Zuzutrauen ist es den Machern.

Die Frage nach der Zukunft, um noch einmal zur Ausgangslage zurückzukommen, kann nur dann eine Attraktion entwickeln, wenn sie Chancen für menschliches Handeln beinhaltet. Und die Fragen, wie sich die Zukunft gestalten wird, richten sich auf die existenziellen Felder von Recht, Arbeit, Staat, Ökonomie, Ökologie, Kultur, von öffentlichem Raum. Wer stattdessen damit beginnt, heute Handelnden Strafen zu prognostizieren und zu thematisieren, ob man sich selbst vom Leid des Daseins befreien darf, entwirft eine lupenreine Dystopie, die mit der lebensbejahenden Frage, wie wir leben wollen, nichts gemein hat.

Die Vorgehensweise verfehlt nicht nur das Thema, sie besagt auch etwas Signifikantes über die Designer der Kampagne. Ob sie es intendieren, oder ob sie meinen, es nur bei ihrer Zielgruppe zu identifizieren: Thematisch ist es ein Konglomerat von Angst, Depression, Defätismus und Aggression. Das Thema Zukunft im Sinne einer positiven Orientierung ist bereits jetzt vollumfänglich verfehlt. Da lässt sich nichts nachbessern. Dagegen handelt es sich um ein weiteres Indiz für propagandistisches Unwesen, das sich in den öffentlich-rechtlichen Medien breit gemacht hat. Es sollte denjenigen, die sich darüber wundern, dass die Kritik an den Produkten dieser Anstalten immer massiver wird, Anlass sein, noch einmal darüber nachzudenken, was sich ändern müsste, um die Akzeptanz wieder herzustellen. 

Wie wollen wir leben? – Ökozid, Suizid? Bitte aufhören! Sofort!