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Der Krieg als Folge der Lüge

Wer dachte, das Theaterstück sei mit der massenhaften Ausweisung russischer Diplomaten aus den Ländern des westlichen Bündnisses und deren „Spiegelung“ durch Russland beendet, der hatte sich getäuscht. Die Dramaturgie der Neuauflage des Stückes Kalter Krieg ist auf jeden Fall großartig. Denn nun meldet sich genau das Labor zu Wort, das im Auftrag der britischen Regierung den Nachweis liefern sollte, dass das in Salisbury bei dem Anschlag auf den Doppelagenten Skripal verwendete Gift namens Nowitschok aus Russland stammt. Das Dumme dabei, das Labor kann die Provenienz nicht feststellen.

Man stelle sich das aufgeführte Stück in einem Rechtssystem der immer wieder zitierten Wertegemeinschaft vor. Und zum Glück sind die Rechtssysteme noch nicht so korrodiert wie die politischen Strukturen. Auf bloßen Verdacht hin, ohne Beweise oder Indizien, wird keine Staatsanwaltschaft ein Verfahren anstreben und kein Richter eines zulassen. Die Wertegemeinschaft wiederum hat auf bloßen Verdacht hin bereits ihr Urteil gesprochen und gegen den Beschuldigten sanktioniert. Und selbst eine danach durchgeführte Beweisführung kommt nicht zu dem antizipierten Ergebnis der Beschuldigung.

Was wäre die logische Konsequenz des Desasters? Es wäre eine Entschuldigung und die Rücknahme der Sanktionen. Aber wer nur noch unter dem Label von Werten läuft und diese zu propagandistischen Zwecken in Erinnerung ruft, der ist als eine innere Gefahr zu erkennen. Es geht hier nicht mehr um Kavaliersdelikte, sondern um grobe Täuschung der Öffentlichkeit und planmäßige Planung kriegerischer Handlungen.

Ebenfalls wie von geschickter Hand inszeniert lesen wir in diesen Tagen von einem Beschluss der EU, die Binnenstraßen des Bündnisses in einen Zustand bringen zu wollen, der es erlaubt, schnellere Panzerbewegungen vornehmen zu können. Und natürlich ist der Pusher bei dieser Maßnahme die NATO, und natürlich geht es um Panzerbewegungen von West nach Ost, an die russische Grenze.

Das sind keine Episoden einzelner Entgleisungen mehr. Es handelt sich um bewusste Täuschung hinsichtlich der realen Gefahr durch den vermeintlichen Delinquenten Russland und es handelt sich um das Schaffen von Fakten, wenn es um tatsächliche Militärpräsenz geht. Wohl dem, der das alles nur noch als verbales Gerassel sieht. Möge er im Nebel der eigenen Einfalt dahinschwinden.

Es ist ja nicht so, als wären Kriege auch in der jüngeren Geschichte nicht deshalb vom Zaun gebrochen worden, weil durch eine lancierte Lüge eine Gefahrenlage heraufbeschworen wurde, die so nie existierte. Wer sich dieser grauenvollen Schmierenkomödie erinnern will, sehe sich die schauderhaften Bilder eines General Powells noch einmal an. Das Geständnis, über die Fähigkeit des Irak, Giftgas herstellen zu können, gelogen zu haben, um eine militärische Intervention zu ermöglichen, hatte den Mann zerstört. Bush jedoch hatte sein Ziel erreicht, und wie immer, die französischen wie die britischen Cheerleader reihten sich ein, um weiteres Unheil anzurichten.

Der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder fiel nicht auf diese Posse herein und er schloss sich nicht dem Kriegsgeheul an. Mehr noch, er sagte Herrn Bush junior, was er von der Nummer hielt. Obwohl er, zusammen mit dem grünen Außenminister Fischer, mit dem kriegerischen, völkerrechtswidrigen Einsatz auf dem Balkan selbst einiges auf dem Kerbholz hatte, hat er sich und damit Deutschland gegen diese Gefahr gestellt. Aus der jetzigen Bundesregierung, der bekanntlich auch Sozialdemokraten angehören, vernimmt man kein Ton. Und wenn es nur ein Ton des Zweifels wäre.

Willkommen in der Ära Bush!

Trotz der immer wiederkehrenden Botschaft, Deutschland sei das Land der Sonderwege, die zudem nicht falsch ist, eine Analogie lässt sich ebenso wenig leugnen. Es ist der Nachhall auf Bewegungen in den USA. Das ist kulturell so, das ist wirtschaftlich so und das trifft auch auf die Politik zu. Kulturell befindet sich die Berliner Republik ebenso im Nirwana wie die USA vor zehn Jahren, wirtschaftlich posaunt ein Bundesfinanzminister seine liberalistische Doktrin in den Äther wie dort vor zwanzig Jahren und nun kommt hier die Dämmerung auf, die auf Bill Clinton folgte und durch den Namen George W. Bush geprägt wurde. Wer sich mit der politischen Atmosphäre auseinandersetzen möchte, die das Ende der Clinton-Ära prägte, dem sei Philipp Roth´ Roman Der menschliche Makel empfohlen. Es ist ein erschütternder Verweis, welches Unrecht Political Correctness auslösen kann und wie sehr sich diese instrumentalisieren ließ. Der Aufschwung der Republikaner speiste sich aus einem Überdruss der Bevölkerung an allem, was mit Multi-Kulti, Öko und Gleichstellung zu tun hatte.

Nun folgt Deutschland nicht der Entwicklung in den USA 1:1. Neben der zeitlichen Verzögerung sind auch noch andere Nuancen wahrzunehmen, die nicht unterschätzt werden dürfen. Die gestrigen Wahlen in drei Bundesländern haben es vor allem sehr schwer gemacht, die Situation, in der sich vor allem die Volksparteien der CDU, SPD und der Grünen befinden, realistisch einzuschätzen. Die Ergebnisse in Baden-Württemberg für die Grünen und in Rheinland-Pfalz für die Sozialdemokraten mögen suggerieren, dass alles nicht so schlimm ist. Doch diese Interpretation gleicht dem tiefen Schluck aus der Pulle mit Hochprozentigem. Sowohl Kretschmann als auch Dreier sind keine typischen Vertreter ihrer Parteien, sondern besondere Persönlichkeiten mit Eigenheiten, die dem Mainstream der Mutterparteien entgegenstehen. Sowohl die SPD, als auch die Grünen und die CDU haben dramatisch verloren. Die grandiosen Gewinne der AfD stehen für den protestativen Reflex gegen das Mantra der Political Correctness.

Was die Götterdämmerung noch wird verzögern können, sind Bündnisse aus CDU und Grünen, die eine Art Aktionseinheit des alten wie des neuen Mittelstandes verkörpern und auf Zeit setzen könnten. Die Zeit dessen, was gerne auch als Rollback bezeichnet wird, wird aller Wahrscheinlichkeit nach dennoch kommen. Folgt man dem Muster der amerikanischen Entwicklung, dann wird die Innenpolitik harscher die Interessen der Besitzenden verfolgen und nach außen ein aggressiverer Impetus zu militärischen Konflikten führen. Mit welchem Resultat, steht noch dahin, das hängt auch davon ab, wie sich die Kräfte sammeln werden, die ihre Lektion gelernt haben und sich vom eigenen Dogmatismus verabschieden, um wieder in die Politik mit Aussicht auf Erfolg eingreifen zu können.

Aus der zu erwartenden Koalition von Schwarz/Grün wird irgendwann ein bürgerliches Lager hervorgehen, das mit ein bisschen Philanthropie geschmückt die Interessen der neuen, bio-energetischen Bourgeoisie vertritt. Und wenn die Selbstkritik nicht völlig verschwunden ist, dann wird sich als Pendant zu dieser erneuerten Kraft eine neue Partei formieren, die die Koalitionsrechte der Besitzlosen und Diskriminierten ernst nimmt und als vereinigte Linke ein Programm entwickelt hat, das eine nachvollziehbare Alternative zur Herrschaft der plutokratischen Welterklärung darstellt.

In acht Jahren hat George W. Bush nicht nur die USA, sondern die Welt verändert. Mit den katastrophalen Folgen wird sich die Menschheit noch einige Zeit beschäftigen müssen. Eine Analogie in Deutschland und Europa wäre furchtbar. Der größte Feind dieser Schreckensvision ist schnelles Lernen. Wer die Verhältnisse jetzt schön redet, ist bereits ein Bote des Unheils.