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Von formaler Logik und praktischem Hausverstand

Manchmal reicht schon die formale Logik, um nicht eine Formulierung zu benutzen, die das Groteske noch mehr unterstreicht: ein praktischer Hausverstand wäre schon genug. Aber dem ist nicht so. Zumindest nicht in der Handlungsweise der gegenwärtigen Politik in diesem unserem Land. Die Vereinigten Staaten ließen nun verlauten, sie lieferten zahlreiche Waffensysteme nicht mehr an die Ukraine. Die Begründung ist nachvollziehbar und hat etwas mit den beschriebenen Denkweisen zu tun. Denn, so die Argumentation der Trump-Administration, der eigene Bestand, um die Interessen des Landes zu verteidigen, gäbe weitere Lieferungen nicht her. 

Einmal abgesehen von den Tiraden, die jetzt wieder gegen das Feindbild Trump zu hören sein werden, neu ist diese Argumentation nicht. Auch innerhalb des ökonomischen Armes der NATO, der zentralistisch und militaristisch mutierten EU, hatten schon Länder wie Griechenland oder Spanien bereits vor einiger Zeit Ähnliches verlauten lassen. Aber damit dieser Gedanke erst gar nicht aufkommt, hatten die Erziehungsmedien im Land der Musterdemokratie dieses erst gar nicht erwähnt.

Allein diese Frage: wie steht es um die Fähigkeit der eigenen Landesverteidigung angesichts der Lieferung von Geld und Waffen an die Ukraine?, wird eine Antwort hervorrufen, die vernichtend sein wird. Und es ist nicht der einzige Punkt, der großes Erstaunen hervorruft über eine ganze Klasse von Politikern, die sich in einem Denkgefüge bewegen, das so etwas wie die Interessen des eigenen Landes ausschließt.

Wie kann es sein, dass zum Beispiel bei dem größten Terrorakt gegen die Bundesrepublik Deutschland, der Zerstörung der Ostseepipelines, keine nennenswerte Nachforschung betrieben wird und sich der Verdacht aufdrängt, dass ein Mitglied aus dem eigenen Militärbündnis, die USA, die Tat vollbracht haben oder es im Auftrag des Waffen- und Geldempfängers Ukraine geschah. Im ersten Fall müsste der Bündnisfall innerhalb des eigenen Bündnisses ausgerufen werden und im zweiten ein sofortiger Stopp jeglicher Unterstützung der Fall sein. 

Wenn, ja wenn wir es zu tun hätten, mit Vertretern, die die Interessen des eigenen Landes als Agenda hätten und nicht im Auftrag dunkler, letztendlich sehr egoistischer Mächte ein Theater aufführten, das an Widerlichkeit seinesgleichen sucht. Die Werte, die dort reklamiert werden, finden sich in den Steigerungen der Papiere der Rüstungsindustrie oder in Zuwendungen aus derselben an die Propagandisten eines breit angelegten Krieges.

Die Bundesrepublik Deutschland ist gegenwärtig nicht in der Lage, sich selbst militärisch zu verteidigen. Die Notwendigkeit steigt jedoch, weil niemand der Verantwortlichen eine Idee einer europäischen Friedensordnung hat. Die Bundesrepublik Deutschland lässt sich aus dem eigenen Lager die kritische Infrastruktur zerstören, ohne etwas zu sagen bzw. daraus die notwendigen Schlussfolgerungen zu ziehen. Die Bundesrepublik Deutschland folgt einer Aufforderung zu Rüstungsausgaben, die jenseits der Notwendigkeiten einer eigenen Landesverteidigung liegen und ausgesprochen wurden durch einen Partner, der durch seine Politik dem eigenen Land bereits massiv geschadet hat. 

Es handelt sich bei der Aufzählung dieser Beispiele nicht um Enthüllungen nach langer Recherche, sondern um Evidenzen. Evidenzen haben es an sich, dass sie allgemein bekannt sind. Glauben die Vertreter einer Politik, die nichts mit den Interessen des eigenen Landes gemein hat, dass es reicht, mit staatlicher Sanktionierung das Wissen um diesen Umstand aus der Welt schaffen zu können? Aber, wo weder formale Logik noch ein praktischer Hausverstand vorhanden ist, sollte man gar nicht erst nach basaler Intelligenz suchen.  

Von formaler Logik und praktischem Hausverstand

Nie wieder so wie Jetzt!

Manchmal ist es hilfreich, mit der Zeit zu spielen. Sich in eine andere historische Epoche zu versetzen und die Frage zu stellen, wie hätten sich die heutigen Verhältnisse dort gemacht? Wie hätte die Gesellschaft reagiert? Wären diese Verhältnisse überhaupt möglich gewesen? Oder, anders herum, historische Ereignisse auf das Heute zu hieven und durchzuspielen, wie die aktuelle Gesellschaft damit umgegangen wäre. Letzteres wird gerade in einer großen Kampagne gemacht. Da werden die heutigen Verhältnisse als Analogie zum Aufkommen des Nationalsozialismus gesetzt und daraus der Slogan gemacht: Nie wieder ist Jetzt! Vom Marketing-Aspekt ist das eine gelungene Volte. Ob der Vergleich stimmt, darüber lässt sich streiten. Denn vieles, was einer rechtsradikalen Gefahr zugeschrieben wird, ist ein zunehmend deutlicher werdendes Abbild dessen, was man zu bekämpfen sucht.

Bei der Übung, mit der Zeit zu spielen, drängt sich eine andere Variante auf. Zunächst sollte man sich der eigenen politischen Biographie bis vor wenigen Jahren vergegenwärtigen. Dann das letzte Jahrzehnt als große Abwesenheit nehmen. Und bei der Rückkehr würde vieles, womit man bei der Rückkehr konfrontiert würde, als undenkbar erscheinen und als groteske Regie in einem Spiel wirken, das man für unmöglich gehalten hätte. Da wäre allenthalben die Forderung zu lesen, schwere Waffen für Freiheit und Frieden zu liefern, da würden Bomben geworfen für unsere Werte, da würden Verbündete sich so verhalten, dass eigentlich der Bündnisfall ausgerufen werden müsste, da ließe man Menschen, die aus Gebieten geflüchtet sind, in denen das eigene Bündnis Kriege vom Zaun gebrochen hätte, wissentlich auf ihrem Weg im Meer ertrinken gelassen, da würden vermeintliche Feinde sanktioniert, wodurch das eigene Land mehr getroffen wird als die beabsichtigte Adresse und da werden alle, die auf diese Missstände hinweisen, ausgegrenzt und dessen bezichtigt, was man eigentlich selber verkörpert. Und damit aus allem ein Schuh wird,  werden sukzessive alle Rechte, die eine Demokratie ausmachen, beschnitten, ausgehebelt und durch proaktive Überwachungsmaßnahmen ersetzt.

Vor einem solchen Szenario mit dem Slogan konfrontiert zu werden: Nie wieder ist Jetzt! mutet an wie eine Montage aus den dystopischen Gesellschaftsromanen des XX. Jahrhunderts. 

Das Traurige an diesem Spiel ist nur, dass es sich um kein Spiel und um kein seminaristisches Setting handelt, sondern um die nackte Realität. Die Kriegsgeilen, die weder für die liberale Demokratie noch für die Freiheit irgend eines Landes stehen, sondern für die Börsenkurse der Waffenindustrie, werden gewürdigt als tapfere Demokraten. Und keine Perversion, die nicht doch noch zu steigern wäre. Jüngst war zu vernehmen, dass ein Erbe aus der Rüstungsdynastie Krauss Maffei, seinerseits Mitglied der Grünen, darauf hinwies, wie wichtig weitere Waffen für die Ukraine nun seien. Solche Zustände sind die Faktizität des Spotts. 

Bei der Betrachtung solcher Zustände kann die Schlussfolgerung nur sein, dass wir uns in einem neuen Zeitalter des Kannibalismus befinden. Und den Teufel treibt man nicht mit dem Beelzebub aus. Das ist eine alte, immer noch gültige Gewissheit. Der passende Slogan muss anders heißen: Nie wieder so wie Jetzt!