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Erste Signale

Wie lange es auch mit dem Zustandekommen gedauert haben mag und wie lange auch Kanzlerin Merkel bereits regiert, es ist immer bezeichnend, welche Signale ein neues Kabinett in den ersten Stunden seiner Existenz sendet. Da kommen die Aussagen heraus, die den neuen Ministerinnen und Ministern als wichtig im Kopf sind. Und das wird ein Akzent sein, der wichtig bleiben wird bei der Weiterführung der Amtsgeschäfte. Dem Personal ist natürlich klar, dass das eigene Klientel eine Aussage erwartet, die im einvernehmen mit der gemeinsamen vertretenen Politik steht. Aber es wird ebenso erwartet, die kommende der Richtung der Politik zu zeichnen. Insofern kann das versammelte Volk dem Kabinett nur danken, denn was es zu hören bekam, sollte sorgfältig notiert werden. Im Grunde genommen bekam es die Kontur dessen, was es von der neuen Regierung zu erwarten hat.

Dass die CDU auf die so genannten rechten Ränder der Gesellschaft setzen wird, bekräftigte sie in eindrucksvoller Weise. Der neue Gesundheitsminister Jens Spahn provozierte mit einer Sarazin-Analogie: Wer Harzt IV bekomme, sei nicht arm. Flankiert wurde er von dem neuen Heimatminister Horst Seehofer, der das Wort des ehemaligen glücklosen Bundespräsidenten Wulf revidierte, der Islam sei ein Teil Deutschlands. Und die gerade vereidigte neue und alte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen konnte gar nicht anders als sich in das Debakel der britischen Verschwörungstheorie um die Vergiftung eines ehemaligen russischen Doppelagenten mit der Sentenz zu begeben, sie fordere bedingungslose Aufklärung von Russland und unterstütze voll den Kurs von NATOs Stoltenberg, der seinerseits ein Delikt auf einer Parkbank im englischen Salisbury erschütternder findet als die völkerrechtswidrigen Militärschlage der Türkei in Syrien.

Der neue Außenminister Heiko Maas trat in dieser Causa etwas zurückhaltender auf und sprach mehr von gemeinsamen europäischen Anstrengungen zur Vermeidung amerikanischen Protektionismus. Es war kein offenes Bekenntnis zu dem Bellizismus seiner Amtskollegin, aber es ist zu erwarten, dass er ebenso murrend wie einst Steinmeier hinter dem Jauchewagen der Kriegspropaganda herlaufen wird. Und Hubertus Heil, der frisch gebackene Arbeitsminister, erschien auf einer Demonstration von Frauen für gleichen Lohn für gleiche Arbeit, um sie bei diesem Ansinnen zu unterstützen.

Es geht nicht darum, die einzelnen Aussagen zu diskutieren, sondern darum, sie zu protokollieren und daraus eine Kontur zu zeichnen. Und das ist sehr gut nach wenigen Tagen möglich. Die neue Bundesregierung wird weiterhin Teile der Gesellschaft sozial wie kulturell ausgrenzen wollen und die Spaltung der Gesellschaft in Über-Reiche und Allzu-Arme weiter treiben. Sie wird sich ungebrochen in die bellizistische Allianz des von den USA betriebenen Kurses gegen Russland einfügen und die Kriegsgefahr auch in Europa vergrößern. Da wird die eine oder andere Korrektur seitens der SPD-Ministerien nichts ändern. Wieso sich die Bewertung seitens der Wählerschaft daher wird ändern sollen, wird ein Geheimnis derer bleiben, die den Plan so umsetzten. Vielleicht ist es ihnen sogar egal?

Und sollte sich die eine oder andere Formulierung des Kabinetts als zu scharf beziehungsweise zu verwerflich erweisen, dann wird die Kanzlerin wie die Mutter der Nation in Erscheinung treten und suchen die erhitzten Gemüter zu beruhigen, wie in den Fällen Spahn und Seehofer bereits geschehen und vollzogen. Die zukünftige Politik ist bereits deutlich zu erkennen. Nach welchem Regiebuch sie verkauft werden soll, auch. Vieles spricht dafür, dass weitere wichtige Jahre der Selbstklärung dieses Staates sinnlos in den Gully gekippt werden.