Allison Burnside Express
L.R. Burnside gehörte schon zu Lebzeiten zu den versteckten Ikonen des Genres. Seine raue Stimme galt vielen, nicht zuletzt John Lee Hooker als Vorbild für die richtige Form der Lyrik des Electric Blues. Und Luther Allison, der dem Blues starke Einflüsse des Rock injizierte, machte nie einen Hehl aus seiner starken politischen Orientierung. Wie kaum ein anderer des Genres galt er als Linker und Bürgerrechtler und seine Gitarre war auf vielen Demonstrationen und Happenings in den USA wie in Europa zu hören.
Der Enkel des einen, nämlich Cedric Burnside, und der Sohn des anderen, Bernard Allison, sind im zeitgenössischen Blues längst keine unbeschriebenen Blätter mehr. Ganz im Gegenteil: Beide haben bereits eine gediegene eigene Karriere hinter sich und beiden ist gemein, dass sie in ihren eigenen Kompositionen stark mit Funk- und Soul-Elementen arbeiten. Nun, bei ihrem vorliegenden Gemeinschaftsprojekt mit dem treffenden Titel Allison Burnside Express wird deutlich, dass beide Musiker weder nur die Erinnerung an die Vorfahren beleben wollten noch darauf aus sind, für ihren gegenwärtigen Entwicklungsstand zu werben.
Allison Burnside Express umfasst insgesamt 11 eingespielte Aufnahmen, die ihrerseits sehr unterschiedliche Zugänge zum zeitgenössischen Electric Blues schaffen. Mit dem Opener, der nicht umsonst Backtrack genannt wird, fühlt man sich an die letzten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts erinnert, Do You Know What I Think?, das folgt, ist archetypischer Blues, spärlich instrumentiert, aber interpretiert mit dem zeitgenössischen Temperament. Why Did I Do It als drittes Stück, das wohl dynamischste des ganzen Albums, ist eine Referenz an den Electric Blues und seine Vitalität in unserer Tagen schlechthin. Southside Drive wiederum ist eine seltsame Fusion von trauriger Delta-Lyrik und urbanem Drive. Fire It Up wiederum könnte einem aktuellen Album von Burnside und Allison entspringen, Minnissippi Blues, akkustisch, zeigt, dass die beiden sehr wohl wissen, welcher Tradition sie entstammen.
Besonders zu erwähnen sind vor allem noch die drei eingespielten Klassiker mit Nutbush City Limits, Hidden Charms und Going Down. Nutbush City Limits wird von den beiden, im Gegensatz zu Tina Turner, die einfach zu sehr von ihrem Heimatdorf traumatisiert war, gesanglich cool erzählt und rhythmisch so unterfüttert, dass der Sinn der Ausbruch aus der ländlichen Enge sein muss. Da merkt man, dass die beiden Interpreten diese Form der Monotonie nie kennenlernen mussten. Und gerade diese Distanziertheit ermöglicht ihnen eine sehr interessante Interpretation. Willie Dixons Hidden Charms holen die beiden aus der Exilmetropole Chicago zurück tief ins Delta. Aus dem Stück einen Zydeco, inklusive der Akkordeon-Untermalung zu machen, ist schlichtweg genial. Und Don Nix´Going Down als Abschluss des Albums als Funk zu inszenieren, ist eine ebenso inspirierende wie eingängliche Idee.
Insgesamt ist der Allison Burnside Express eines der besseren Alben des zeitgenössichen Blues. Bernard Allison wie Cedric Burnside sind als Musiker längst etabliert, was sie hier vorlegen, ist eine beeindruckende Dokumentation ihrer Variationsmöglichkeiten und der ihr innewohnenden Kreativität.
