Irgend jemand aus den immer verzweifelter werdenden Sozialverbänden brachte es bei einem TV-Interview auf den Punkt. Er wurde gefragt, ob die Verhältnisse, in denen hier in der Republik viele Menschen leben müssten, nicht vergleichbar seien mit denen der Menschen in Frankreich, die jetzt unter dem Namen Gelbe Westen den Präsidenten Macron in seiner Existenz bedrohten. Er brachte ein einfaches Beispiel, das alle betrifft und rechnete vor, wie es um arbeitende Menschen steht, die 45 Jahre lang bei einem Durchschnittseinkommen von ca. 3250 Euro brutto ohne Unterbrechung in die Rentenkasse einzahlten, und dann mit einer Nettorente von ca. 1150 Euro in der Altersarmut ankämen. Dass sei drastisch und analog zu französischen Verhältnissen. Aber man dürfe nicht vergessen, was sich hier in den letzten Jahrzehnten getan hätte.
Wenn vor dreißig oder vierzig Jahren ein Kumpel im Ruhrgebiet seinen Job verloren hätte, wäre niemand auf die Idee gekommen, ihn als Person dafür verantwortlich zu machen. Da sei noch allen klar gewesen, dass so etwas in Vorständen entschieden wurde, dass Standortfragen etwas mit Gewinn und dessen Maximierung zu tun hat und dass es eine Frage der Organisiertheit der Arbeitenden war, auszuhandeln, wie mit Werkschließungen umzugehen sei. Heute hingegen schauten alle weg und schämten sich höchstenfalls für die Betroffenen. Man dürfe nicht vergessen, so der kluge Mann, welche systematische Gehirnwäsche in diesem Land in den letzten Jahrzehnten stattgefunden habe.
Und so, bleiben wir einmal bei den Gelben Westen und ihren Forderungen, ist es eine immer wichtigere Aufgabe, jedes ideologische Modul von Gehirnwäsche zu benennen und zu zerlegen. Bleiben wir bei einer Meldung dieser Tage. Da wurde aus der Rede eben dieses Präsidenten Macron zitiert, der den Gelben Westen versprochen hatte, dass der Mindestlohn um 100 Euro im Monat angehoben würde und dass Überstunden in Zukunft nicht mehr besteuert würden. Mit den zurück genommenen Benzinpreiserhöhungen, so rechneten die Journale schnell aus, kosteten die Zugeständnisse den französischen Staat mindestens 10 Milliarden Euro. Das mag sein und ist eine Teilwahrheit, die als Teil eben eine falsche Wahrheit als Ganzes suggeriert. Denn, haben wir einmal gehört, was den Staat die Steuererleichterungen für die Reichen kostet? Haben wir einmal in der mahnenden Diktion gehört, was die jährlichen Steuerhinterziehungen der Gesättigten die Bevölkerung kosten? Bei letzterem ist für Deutschland von 100 Milliarden die Rede, ca. 400 Milliarden liegen außerhalb des Landes auf Schwarzgeldkonten (Focus Money online). Die Moral, die hinter der Gehirnwäsche steckt, kam vor einigen Tagen zum Vorschein: Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Journalisten, der gegen die Cum-Ex-Steuerhinterzieher recherchiert, letztere blieben bis heute unbehelligt.
Noch einmal Macron und die Gehirnwäsche. Der schnieke Hoffnungsträger des Wirtschaftsliberalismus hat die Gelegenheit genutzt, und im Rahmen der Fahndung nach dem Attentäter vom Straßburger Weihnachtsmarkt den Ausnahmezustand im ganzen Land wieder aktiviert. Das beinhaltet 8.000 Soldaten in Dauerbereitschaft, Versammlungs- und Demonstrationsverbot sowie nächtliche Ausgangssperren. Auf die Idee, dass sich das nun aktuell gegen die Gelben Westen wenden könnte, ist im Korpus der Berichterstattung noch niemand gekommen. Sollte es so sein, dann steht vieles auf dem Spiel. Denn dann riskiert Macron alles, was er hat. Und, das ist sicher, mit dieser plumpen Strategie, wird er bei dem jetzigen Bewusstseinsstand im eigenen Land alles verlieren.
