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Die Ökonomie des Plagiats

Über den Maler Amadeo Modigliani (1884-1920) kursiert das Bonmot, dass er nach seinem Ableben produktiver gewesen sei als zu Lebzeiten. Ihm selbst war kein allzu langer Aufenthalt auf dieser Welt vergönnt. Seine Werke sind, auch weil er nie so richtig in eine Stilrichtung passte und dennoch überzeugen und inspirieren konnte, nach seinem Tod zu einem exklusiven und teuren Handelsgut geworden. Auf den Auktionen werden bis heute astronomische Summen geboten. Auch und gerade bei der Kunst gilt das Marktgesetz. Und wenn der schnöde Mammon lockt, dann entstehen Branchen, die sich auf die artifizielle Ausdehnung und Bereicherung des Marktes konzentrieren. Es entsteht ein Markt für die Fälschung. Was bei Modigliani erleichternd hinzukam, war die Tatsache, dass er einen nicht unbeträchtlichen Anteil seiner Werke nicht signiert hat. 

Eine Reportage über diesen Sachverhalt, in der unter anderem darüber berichtet wurde, dass momentan auf den Auktionen zu Kunstwerken europäischer Provenienz vermehrt liquide Bieter aus Asien erscheinen, die mit Geboten aufwarten, die atemberaubend sind. So ziehen doch einige renommierte Kunstwerke peu a peu nach Osten. Zumindest ich werde mich hüten, den Interessenten nichts anderes als Prestigedenken zu unterstellen. Warum sollten Menschen, die die Mittel haben, nicht auch in anderen Teilen der Welt die gleiche Obsession haben können wie dort, wo das Ganze seinen Anfang nahm. Ich meine vor allem den Kunstbetrieb, der davon profitiert, dass jedes Werk, das eine unwiderstehliche Aura besitzt, auch einen Handelswert erreicht, der jenseits der Rationalität liegt.

Was mich umtreibt, ist allerdings die Frage, ob in einer Ära, in der zunehmend die Oberfläche und das Arrangement entscheidend ist, und nicht die Tiefe oder der Kern, nicht nur die Rezeption, sondern auch die Gesetze des Marktes radikalen Veränderungen unterliegen werden.  Letztendlich befinden wir uns auf einem Jahrmarkt der Beliebigkeit, auf dem der Weg der Konstruktion unerheblich und die Aussage austauschbar zu werden scheint. Ob die Aura, dieses Mysterium eines jeden Kunstwerks, das sich durchsetzt, auch in Zukunft auf Seiten derer, die es betrachten, noch einen Wert besitzt, wird die Zukunft zeigen. Was sich allerdings bereits durchgesetzt hat, ist das zum Kunstwerk gleichzeitig entstehende Gewerbe der Kopie. Die Ökonomie des Plagiats überstrahlt alles. Und das Arrangement ist wichtiger als das Werk selbst.