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Morto un Papa se ne fa un altro!

Wenn die Zeit vorbei ist, ist es Zeit zu gehen. Eine, wie es scheint, einfache Wahrheit, die zu begreifen für viele Akteure allerdings nicht so einfach ist. Zu sehr sind sie mit Amt oder Mandat verschmolzen, zu sehr sind die Insignien der Macht zu einem Accessoire der eigenen Persönlichkeit geworden. Das Bild von der eigenen Person verschwimmt, nicht der eigene Charakter oder die eigenen Taten werden zur Messgröße der Selbstbegutachtung, sondern der Status. Und dieser definiert sich durch die Anzahl derer, denen man Anweisungen geben kann, durch die Geldsumme, über die man verfügen darf, über die Aufmerksamkeit, die einem in der Öffentlichkeit geschenkt wird, über die von der Macht ausgelöste Freundlichkeit, die einem entgegengebracht wird, bei manchen reicht sogar die Flächengröße des Büros oder die Limousine, die einem zur Verfügung steht, um den eigenen Narzissmus bedienen und sich selbst überschätzen zu können.

Selbstverständlich ist das nicht bei allen so. Es existieren auch Menschen, für die die Macht ein Instrument darstellt, um etwas zu bewirken und die ihrerseits, wenn die Zeit vorbei ist, nicht den verlorenen Insignien nachtrauern, sondern nüchtern bilanzieren, was sie erreicht haben und die in der Lage sind, es gut sein zu lassen, wenn ihre Zeit vorbei ist. Sie sind, wenn man von einer persönlich wertenden Warte sprechen darf, die Glücklicheren in der Zeit danach, während die anderen über den Verlust des Status in ihr ganz persönliches Unglück stürzen.

Alles hat seine Zeit, so heißt es bereits in der Bibel, und einer der unvergessenen Politiker dieser Republik formulierte den Satz, dass nichts von Dauer sei und nichts ohne Anstrengung zu erreichen sei. Als er aus den Funktionen der Macht schied, hat er übrigens, durch seine Aura wie durch seine Würde, viele Menschen in Europa und in der Welt noch inspiriert, so ganz ohne Dienstwagen und Budget. Er hat verstanden, wie begrenzend die Zeit über das eigene Wirken herrscht und durch diese Erkenntnis mehr Einfluss erlangt als durch die strukturelle Macht, die er vorher besessen hatte.

Jetzt sind wieder so Zeiten, in denen es für viele heißen wird, Abschied von den mess- und zählbaren Insignien struktureller Macht nehmen zu müssen. Und es zeigt sich, wer begriffen hat, dass seine eigene Persönlichkeit ein kleiner, aber bedeutender Bestandteil der Gesellschaft ist, die nach bestimmten Regeln spielt, und wer diesen Überblick verloren hat. Diejenigen, die nun fürchten, im nächsten großen Spiel nicht mehr dabei sein zu können und jetzt mit Untergangsszenarien hausieren gehen, indem sie Sodom und Gomorrha an die Wand malen für den Fall, dass sie nicht mehr dabei sind, sie haben die Bescheidenheit verloren, die vonnöten ist, um im Auftrag der Gesellschaft eine Rolle spielen zu können. Insofern ist die Erkenntnis, die aus dem Wissen um diesen Zusammenhang entspringt, von großer Bedeutung aller künftigen Entscheidungen. 

Und wie immer, wenn Entscheidungen anstehen, ist es ratsam, sich auch einmal anders zu orientieren, übrigens eine Tugend, die hierzulande, wo man in der Regel mit exzessiver Nabelschau beschäftigt ist, eher selten ist. In Italien, über das man außer Klischees nur wenig weiß, wo man allerdings über eine viel längere wie bewegtere Geschichte verfügt, was die Modalitäten von Machtwechseln betrifft, existiert ein Sprichwort, das brutal wie nüchtern ist und den Kern des Problems mit dem Hammer der Logik beschreibt. Wenn der Papst stirbt, so heißt es dort, macht man einen neuen. So einfach ist das.