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Der Texaner mit den Eismetaphern

Albert Collins war einer der Musiker, die so gar nicht ins Klischee passten. Der gebürtige Texaner schwarzer Hautfarbe, übrigens ein entfernter Verwandter von Lightnin´ Hopkins, verfiel weder der Schwere des Südstaatenblues, wie er im Delta gespielt wurde, noch jagte er den Mustern nach, die den Electric Blues in Chicago so erfolgreich gemacht hatten. Albert Collins war und blieb in seinem Musikerleben ein Texaner, der zwar vieles adaptierte, wie vor allem die messerscharfen Bläsersätze, die sich in den Nordmetropolen durchgesetzt hatten, aber er blieb dennoch seiner eigenen Quelle treu: Den Jig getriebenen Riffs der Texaner, die mit Blick auf den Colorado River die unendliche Weite des Landes genauso im Blick hatten wie ihre rhythmischen europäischen Wurzeln.

Im Jahr 1992, nur kurze Zeit vor seinem allzu frühen Tod, trat Albert Collins auf dem Festival in Montreux auf, das seinerzeit längst nicht mehr der esoterische Spot für den Jazz, sondern längst auch zu einer Eventadresse für den Blues geworden war. Collins brachte nicht nur einen großen Bläsersatz mit in die Schweiz, sondern ebenso ein Repertoire, das nicht hätte besser die Kontur seines Schaffens beschreiben können. Von dem frühen Hit Frosty bis zu Iceman beschrieb er auf diesem Konzert die Meilensteine seiner Karriere, auf der er, der Texaner, immer der kuriosen Vorliebe für Eismetaphern treu blieb und weshalb er neben seinem in der Fachwelt verhängten Beinamen Master of Telecaster auch scherzhaft der Iceman genannt wurde.

In einer fulminanten Revue, die mit Iceman begann, Titel wie Honey Hush, Lights Are On, If You Love Me Like You Say und Dirty Dishes beinhaltet, um mit Frosty zu enden, zeigte Albert Collins noch einmal, was es braucht, um ein Publikum kollektiv in eine Stimmung zu versetzen, in der Lebensfreude und eine gewisse Nonchalance gegenüber dem Schicksal zum Ausdruck kommt. Albert Collins, der mit den damals noch notwendigen langen Kabeln an der Gitarre immer die Nähe zum Publikum suchte, um es auch manchmal aus dem Saal auf die Straße zu führen und auf den Straßenbahnschienen ein Happening des Blues zu inszenieren, war einer von jenen Typen, die sich nie blenden ließen vom eigenen Erfolg und der Aufmerksamkeit, die man ihm entgegen brachte. Aus jedem Akkord hört man die Erdung, das Bewusstsein, dass die Kraft der Musik aus dem Wissen um die eigenen Vergänglichkeit genauso gespeist wird wie die Zelebrierung des Augenblicks als ein Geschenk an die menschliche Existenz.

Die vorliegenden Aufnahmen vermitteln, gerade weil sie einem Live-Konzert entnommen sind, die notwendige Resonanz auf den Blues, den Collins spielte. Fast ist man bei ihm geneigt, ein neues Genre, den Interstate-Blues, zu kreieren. Immer unterwegs, immer gut drauf, ein Profi durch und durch, mit einem Blick auf den Alltag, der alles ist, was wir haben. Schöner kann man des Icemans nicht gedenken.