Man kann es auch humoristisch sehen. Wie das kürzlich ein amerikanischer Comedian tat. Er rief in Erinnerung, wie Hitler die ganze Welt in einen Krieg gestürzt hat, welche Verwüstungen die Folge waren und wie brachial und martialisch es zuging. Und dann, im Führerbunker, nur 36 Stunden, nachdem er geheiratet hatte, jagte er sich eine Kugel in den Kopf. Und er schloss: So hart kann die Ehe sein!
Einmal abgesehen von den historischen Unschärfen. Wenn man bereit ist, Schlüsse zu ziehen, die formal durchaus zulässig sind, aber mit der tatsächlichen Kausalität nichts zu tun haben, dann wird es schnell komisch und selbst die schlimmsten Ereignisse wirken lächerlich. Dass das Lachen eine der probatesten Methoden ist, um sich des täglichen Elends zu entledigen, ist eine Binse. Und dass das Lachen zu den Geschossen gehört, die in der Lage sind, ganze Herrschaftsgebäude in ihrer Existenz zu bedrohen, ist ebenfalls belegbar.
Eine sehr gute Referenz für diese These ist der Dialog in der Bibliothek der Abtei in Umberto Ecos Roman „Der Name der Rose“. Dort trifft der erzählende Mönch auf den blinden Dogmatiker Jorge von Burgos, der bei dem Versuch, das Buch über die Poetik des Aristoteles zu verbergen, weil dort das Lachen als eine subversive Tugend gepriesen wird, eine Öllampe umwirft, die einen die ganze Abtei vernichtenden Brand verursacht. In dem Dialog wird die Furcht des Dogmas vor der zersetzenden Kraft des Lachens deutlich. Und die Metapher ist nicht zu gewagt, dass die Vertreter des herrschenden Dogmas den Untergang in Kauf nehmen, bevor sie die Befreiung durch das Lachen akzeptieren.
Angesichts einer Zeit, in der die bellizistischen Dogmatiker sich in die höchsten Ämter eines deteriorierenden Staates geschlichen haben und dabei sind, eine totalitäre Herrschaft auch nach innen zu errichteten, sind viele Mittel erlaubt, um Frieden wie Freiheit eine Chance einzuräumen. Mit dieser Gesellschaft ist beides unmöglich geworden. Weit verbreitet ist die sachliche Kritik, gegen die diese Kohorte imprägniert ist. Eine zweite Variante ist die tatsächlich existierende Realität. Aber auch sie ist nicht in der Lage, sie von ihrem destruktiven Feldzug abzuhalten.
Also empfiehlt es sich, das aristotelische Prinzip des subversiven Lachens wieder stärker in den Mittelpunkt zu rücken. Damit sind nicht die mit allen möglichen Preisen von den Priestern des Dogmatismus dekorierten Hofnarren gemeint, deren Aufgabe darin besteht, schreiend alle zu verleumden, die sich noch trauen, die dekadenten Volten der Macht anzuklagen.
Vorlagen gibt es genug, wenn der Lügenbaron in der Wolfsschanze vor dem Spiegel das Aufheulen vor einfältigem Publikum übt oder in Brüssel die Megären des Krieges sich überlegen, wie sie den alten weißen Männern, die noch an die Resträson appellieren, die finale Medikation manipulieren. Es existieren genügend Expertinnen und Experten, die bei dem Unterfangen, die anti-demokratische, totalitäre, faschistoide Clique von Kriegstreibern vor das Lach-Tribunal zu treiben, behilflich sein können.
Diejenigen, die nur die Währung des Totalitarismus kennen, können auf die Münze der Ironie nichts herausgeben! Wenn uns eines bleibt, dann ist es das gelle Lachen.
Halten wir es mit Heinrich Heine:
Ich lache ob den abgeschmackten Laffen, Die mich anglotzen mit den Bocksgesichtern; Ich lache ob den Füchsen, die so nüchtern Und hämisch mich beschnüffeln und begaffen.
Ich lache ob den hochgelahrten Affen,
Die sich aufblähn zu stolzen Geistesrichtern; Ich lache ob den feigen Bösewichtern, Die mich umdrohn mit giftgetränkten Waffen. Denn wenn des Glückes hübsche sieben Sachen
Uns von des Schicksals Händen sind zerbrochen,
Und so zu unsern Füßen hingeschmissen; Und wenn das Herz im Leibe ist zerrissen, Zerrissen, und zerschnitten, und zerstochen, – Dann bleibt uns doch das schöne gelle Lachen.
Wenn ich an das Begriffspaar denke, muss ich immer an einen Satz aus der Rede Karl Liebknechts denken, die er wenige Tage vor seiner Ermordung in Berlin gehalten hat. „Es gibt Siege, die sind verhängnisvoller als Niederlagen und Niederlagen, wertvoller als Siege!“ Unabhängig von dem historischen Kontext, denn er hielt die Rede kurz nach der Niederschlagung des Spartakus-Aufstands, beinhaltet der Satz die ganze Dialektik, die das Leben bietet. Denn nichts sollte in seiner Absolutheit betrachtet werden, sondern immer in seiner Mehrdeutigkeit und unter dem Aspekt der Möglichkeit, zu lernen.
Ich brauchte nicht viel Zeit, um zu begreifen, dass ein Sieg immer Kosten in sich birgt, die zuweilen den Genuss des Triumphes übersteigen. Und ich gab mich auch nie damit zufrieden, nach Niederlagen einfach nur die Segel zu streichen. Mein Vater, der den Krieg in seiner ganzen Länge wie Grausamkeit erlebt hatte, teilte mir früh die Lehre seiner Alterskohorte mit, dass es nicht schlimm sei, hinzufallen. Aber das Liegenbleiben war der sichere Tod. Und mein Lateinlehrer überzeugte mich mit der Metapher, dass es sich bei der Lateinischen Sprache um etwas handele wie eine harte Brotkruste. Die ersten Bisse sind wenig überzeugend, aber je länger man darauf herumkaut, desto süßer wird der Geschmack.
Das sind Anwandlungen, die von heutigen Generationen nicht verstanden werden, was aus meiner Sicht mehr über deren Perspektiven aussagt als über dass Fazit meines Lebens. Denn aus der Dialektik von Triumph und Niederlage ist vieles zu lernen. Und quasi als ein Beiprodukt ist so etwas entstanden wie Widerstandskraft. Dass ich das Boxen wählte, ist folglich kein Zufall. Und das, was ich heute als Theorie zur Dechiffrierung meines Lebens anbiete, hatte mit diesem Sport auch eine authentische Unmittelbarkeit.
Und ich habe sie alle gesehen: die strahlenden Sieger, die schnell unter die Räder kamen, weil sie keine Nehmerqualitäten hatten. Und die Underdogs, die aus dem Blechnapf gefressen hatten und irgendwann ganz oben standen. Und nicht als Hierarchie gemeint. Sie konnten oben stehen, obwohl sie immer noch das Flanellhemd trugen und kein Geld in der Tasche hatten. Und die anderen, mental verpauperten, obwohl sie mit allen Insignien des materiellen Reichtums ausgestattet waren, wie sie durch ihr Dasein krochen.
Und wieder war es eine glückliche Fügung, von den Menschen umgeben zu sein, die wussten, wovon sie sprachen. Da machten selbst Niederlagen glücklich.