Politik: Konsequenz im Plural!

Manchmal hat es sich auch genug gedeutet und kritisiert. Natürlich bleibt die in der Wiege des Kapitalismus gemachte Feststellung richtig, dass es nicht darauf ankommt, die Welt zu interpretieren, sondern sie zu verändern. Die Bilanz der Kritik und Aufregung, die nach dem offensichtlich gewordenen, unheilbaren Bruch zwischen politischem System und längst Realität gewordener Ökonomie auf dem Tisch liegt, ist kläglich. Nicht, dass die Kritik nicht berechtigt und die Aufregung nicht verständlich wäre! Denn das, was das im Auftrag des Souveräns tätige Personal mit dieser Situation macht, ist himmelschreiender Unsinn. Da ist weder etwas zu retten noch die Konstruktion von bösen Buben hilfreich. Das Zauberwort heißt nicht „Weiter so!“ oder Eskalation, sondern Konsequenz. Am besten im Plural.

Weder die Verfassung noch die aus ihr abgeleiteten Institutionen haben es verhindern können, dass die im Auftrag des Wählers bevollmächtigten Politiker in entscheidenden Momenten die falschen Entscheidungen getroffen haben. Das kann zwar nicht der Verfassung angelastet werden, ist aber dennoch das Ergebnis des politischen Systems, das es zulässt, Menschen in Positionen kommen zu lassen, die weder politisch, noch moralisch oder qualifikatorisch dieser Aufgabe gewachsen wären. 

Betrachtet man andererseits die Felder, die für das Gemeinwesen entscheidend sind und deren Zustand etwas aussagt über die Qualität der Politik, die dieses System hervorgebracht hat, dann sieht es ähnlich desolat aus. In welchen Bereichen, von der Bildung, über das Rentensystem, das Gesundheitswesen wie der Infrastruktur, dem Wohnraum wie der Mobilität, der Energieversorgung und letztendlich dem allgemeinen Wohlstand sind in den letzten Jahrzehnten signifikante Fortschritte erzielt worden?  Und das bei gleichzeitigem astronomisch anwachsenden Reichtum in den Händen Weniger? Auch da drängt sich der Satz des verständlicherweise als Teufel gehandeltem Karl Marx auf, der da lautet, dass an einem System, das ungeheuren Reichtum zu produzieren ermöglicht, aber das nicht dazu in der Lage zu sein scheint, die Armut zu verringerten, etwas gehörig faul sein muss. 

Die Sozialisation schlechter Politiker und die Verschlechterung in allen die Gemeinschaft betreffenden Lebensbereichen kann nur zur Konsequenz haben, sich darüber Gedanken zu machen, nach welchen Kriterien in Zukunft gewählt wird, welche Möglichkeiten dem Souverän gegeben werden, wenn ihm in den vorhergesehenen Perioden von den Mandatsträgern signalisiert wird, dass sie nicht der Wille der Bevölkerung interessiert. Abwählbarkeit und Einspruchsrechte sind genauso erforderlich wie die Abschaffung des Misstandes, dass das Parlament oder Mandatsträger sich institutionell selbst kontrollieren. Betrachtet man das Trauerspiel um den Einfluss auf Staatsanwaltschaften, dann wird deutlich, worum es geht.

Und die andere große Baustelle ist die Aufarbeitung des durch den alles zerstörenden Wirtschaftsliberalismus entstandenen Schadens. Die Vergesellschaftung der Bereiche, die essenziell für die Gesellschaft sind, ist die logische Konsequenz. Die leichtfüßigen, aber inhaltslosen Apologeten der Privatisierung mit den beschämenden Konsequenzen jahrzehntelanger Orgien privater Kapitalisierung sind täglich zu spüren. Schließende Krankenhäuser, ein Bahnsystem, das den Namen nicht mehr verdient, Zustände in Schulen wie in der Sahel Zone, Straßen wie 1945 und Mietpreise wie im Eldorado des Konfetti Kapitalismus sind die Referenzen, mit denen die unausgesprochene Staatsphilosophie eines politischen Systems, dass sich im Siegesrausch als das Ende der Geschichte gesehen hat, nicht zu werben in der Lage ist.

Es macht alles keinen Sinn mehr, wenn nicht ausgesprochen wird, was vonnöten ist. Keine Tabus! Und keine Angst vor Diffamierung! Da empfehle ich die Strategie von Muhammad Ali im Jahrhundertkampf gegen George Foreman. Der fragte Foreman nach jedem Punch, den er kassierte: „Mehr hast du nicht drauf?“ und dann, als dieser an sich zu zweifeln begann, schickte er ihn auf die Bretter.

Politik: Konsequenz im Plural!