Klassisch ist der 1. Mai der Tag, an dem sich die lohnabhängig Beschäftigten dieser Welt, die sich in politisch besseren Zeiten noch die Arbeiterklasse nannten, auf großen Kundgebungen und Demonstrationen gemeinsam für ihre Ziele aussprachen und vor allem, da es sich um einen international begriffenes Datum handelte, betonten, dass sie über nationale und sonstige Grenzen hinaus einen Zusammenschluss pflegten. Diesen sahen sie als unabdingbar für das Erreichen ihrer Ziele an. Ob es sich um rein wirtschaftliche Forderungen oder politische Interessen handelte: der Arbeiterbewegung war immer bewusst, dass ihr Pendant, das Kapital, längst international kooperierte, um die Positionen der nationalen Zusammenschlüsse zu schwächen.
Es ist müßig, sich mit dem auseinanderzusetzen, was gegenwärtig aus diesem Datum geworden ist und welchen wirtschaftlichen und politischen Realitäten die Beschäftigten ausgesetzt sind. Die wesentlichen Eckpunkte einer international ausgerichteten Politik fehlen. Weder werden die wirtschaftlichen Forderungen aus der Position einer eigenen Kraft vertreten und mit einer ernst zu nehmenden Kampfansage verbunden, noch ist das Verbindende der Internationalität wahrzunehmen. Hier, in der EU, wären doch Forderungen der italienischen, spanischen, französischen, deutschen, polnischen etc. Beschäftigten eine ganz andere Kategorie, wenn es in dieser Hinsicht Kontakte gäbe.
Und, was nicht ebenso, sondern am wichtigsten ist, eine Position der tatsächlich Werte schaffenden Allianz zu Krieg und Frieden kann nur international Erfolg haben. Schön und richtig ist es, dass die italienischen Gewerkschaften den ersten Schritt unternommen haben, in dem sie es ablehnten, weiterhin Waffen in Kriegsgebiete zu verladen. Erfolg kann es nur haben, wenn sich die Gewerkschaften in den anderren Ländern dazu ebenso entschlössen und man die Aktionen gemeinsam koordinierte.
Stattdessen treten die Gewerkschaften, vor allem in Deutschland, als Bittsteller von Regierungen auf, die ihrerseits dabei sind, sich als Kiegsregime zu etablieren. In nie gekanntem Ausmaß seit dem II. Weltkrieg steht die faktische Wirtschaftspolitik wie die Rhetorik auf Krieg und man glaubt, an einem historischen Lehrstück teilzuhaben, wie sich gekaufte Politik aus der Arbeiterbewegung an einer rassistischen und imperialistischen Orgie beteiligt, die alles Vorherige in den Schatten stellt. Die so genannten Verfechter der liberalen Demokratie kuscheln seit einiger Zeit mit allen möglichen Faschisten und faseln von Brandmauern, die sie längst eingerissen haben. Wer Allianzen mit Faschisten pflegt, wie diverse Regierungen mit denen der Ukraine, hat seine Legitimation als Verfechter einer wie auch immer gearteten Demokratie bereits verloren. Diese Erkenntnis wäre eine regelrecht befreiende, wenn sie auf den heutigen Demonstrationen und Kundgebungen eine Rolle gespielt hätte.
Aber nein, ganz im Sinne der Ausblendung wird alles, was die antidemokratischen, kriegerischen und rassistischen Taten sowohl der hiesigen Regierungen als auch der EU betrifft, außen vor gelassen und man orgelt den ganzen Schmonzes einer Sozialpartnerschaft, die es nie gab, dem gelangweilten Publikum vor. Man kann sich die Verhältnisse natürlich auch schön reden. So, wie die Zustimmung der SPD-Mitglieder zu einer Teilnahme an dem bevorstehenden Kriegsregime. Wenn lediglich 56 Prozent der Mitglieder an einer Abstimmung teilnehmen und von diesen 86 Prozent für die Teilnahme an der Koalition stimmen, dann sind das unter dem Strich weniger als die Hälfte der Mitglieder. Diese zu einem überwältigenden Ergebnis umzudeuten gehört zu jenen Manövern, die das Vertrauen in die Politik bis auf welche Mauern auch immer niederbrennen.
Selbstbewusstsein, die eigenen Interessen formulieren und internationale Allianzen schließen, das ist und bleibt die Devise des 1. Mai.
