Koalitionsvertrag: Ein preiswertes Linsengericht?

Jenseits der Fassade geht die Post ab. Vergessen Sie die Statements, die von den Mikrophonen aus in die Welt gesendet werden. Das ist der Code, mit dem Menschenmassen gefügig gemacht werden sollen in einem System, das sich formal auf das Votum der Bevölkerung stützt, in realiter jedoch längst nicht mehr das transportiert, was der Gutgläubige die Wahrheit nennt. Der letzte Coup in dieser Hinsicht waren die zentralen Wahlaussagen des Lügenbarons aus dem Sauerland. Nichts von dem, was er vor den Wahlen als sein Ansinnen charakterisierte, findet sich in dem vorgelegten Koalitionsvertrag wieder. Eine 180-Grad-Wende ist die neutralste Umschreibung dessen, was dieser Mann in den letzten Wochen vollzogen hat. 

Der sicherste Schluss, der daraus gezogen werden kann, ist der, dass keine der Aussagen, die aus diesem Munde kommen, für bare Münze genommen werden kann. Und allen, die sich gestern die Augen gerieben haben und die Lage nun so einschätzen, dass sich die SPD trotz ihrer eigenen Zustimmungswerte mit Bravour durchgesetzt habe, sei geraten, nochmal ganz genau aufzuschreiben, was deren Vorsitzender gestern von sich gegeben hat. Es wird ein Text sein, der sich irgendwann, wenn sich die Verhältnisse gerüttelt haben und Kräfte die Politik bestimmen, für die ein durch Wahlen erworbenes Mandat keine Carte Blanche für alles Mögliche, nur nicht für den Wählerwillen ist, auf einer Theaterbühne vorgetragen wird. Denn das dortige Publikum liebt das große Drama und den Untergang. Zu mehr wird dieser Text in bereits nicht allzu ferner Zukunft nicht taugen. 

So, wie man in den USA meistens Demokraten brauchte, um den Eintritt in Kriege zu legitimieren, mit Ausnahme des großen Täuschers George W. Bush, versteht sich, genauso ist die hiesige Sozialdemokratie immer die Souffleuse für Militarisierung und Sozialabbau. Sehen Sie sich die Reihe der Auslandseinsätze und der heftigen Einschnitte in den letzten Jahrzehnten genau an. Und schauen sie auf die verantwortlichen Akteure. Verteidigte Demokratie am Hindukusch und Arbeit, die sich wieder lohnt? Dann wissen Sie, welche Rolle die SPD auch in diesem Kabinett spielen wird. Dass so einer wie der jetzige Vorsitzende bei diesem Coup mitmacht, zeigt, wie preiswert das sprichwörtliche Linsengericht mittlerweile ist.

Die Investitionen in Infrastruktur sollte man sich ebenfalls genau ansehen. Werden sie den Industrie- und Technologiestandort Deutschland in einen besseren Zustand versetzen, oder dienen sie eher dazu, aus dem Land eine Drehscheibe für militärische Operationen welcher NATO auch immer gegen Osten zu machen? Schon liegen Pläne auf den Tischen, in denen die Kosten für die Stabilität von Brücken bei Panzertransport veranschlagt werden. Und dass der ganze aus dem Wahnwitz geborene Plan außer einer beträchtlichen Verschuldung noch auf andere Geldquellen angewiesen sein wird, lässt die Vermutung zu, dass die Reform so mancher Sozialsysteme in ihrer Schröpfung bestehen wird. 

Und wer glaubt, die hiesigen, zugegebenermaßen angestellten Spekulationen entstammen lediglich aus einer finsteren Seele, möge sich vielleicht der unverdächtig positivistischen Methode bedienen und bei dem 144-seitigen Koalitionsvertrag nach Stellen zu suchen, bei denen es um Frieden und Bildung geht. Sollten Sie da nichts oder nur wenig finden, dann werten Sie es bitte als ein Indiz für die These, dass da ein großer Angriff auf große Teile der Bevölkerung in der Planung ist. Analog wie es in den USA geschehen ist. Unter demokratischer Führung! Und wie das ausging, hören Sie jeden Tag in den Nachrichten. Nein, es ist nicht die Zeit für Träume. Und es ist auch kein guter Rat, in Leichtgläubigkeit zu verfallen. 

Ein Gedanke zu „Koalitionsvertrag: Ein preiswertes Linsengericht?

  1. Pingback: Koalitionsvertrag: Ein preiswertes Linsengericht? | per5pektivenwechsel

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.