Ein nahezu archaischer Fehler besteht darin, auf die Claqueure zu hören, die man selbst bestellt und bezahlt hat. Die Geschichtsbücher sind voll davon. Von der Antike über das alte Rom bis heute. Ein Herrscher holt sich Berater ins Haus, ist von ihren Fähigkeiten der Deutung, die in großen Teilen mit der eigenen Sicht übereinstimmt, überzeugt und engagiert sie. Diese wiederum richten sich im Wirkungskreis der Macht ein. Sie profitieren davon hinsichtlich ihrer eigenen Lebensumstände, sie erfahren eine ständige Bestätigung, indem sie mit dem Herrscher immer im Rampenlicht stehen. Auf Dauer finden sie heraus, was ihr Auftraggeber hören will und präsentieren ihm genau das. Der bezahlte Claqueur hat Hochkonjunktur. Das geht solange gut, wie der Herrscher nicht in Gefahr gerät, weil er angesichts der eigenen Sichtweise und der Bestätigung seiner Berater, gravierende Fehler macht. Dann, auch das steht in den Geschichtsbüchern, kann es sein, dass die gesamte Claque in einer Nacht über die Klinge springt oder, zusammen mit dem in seiner Blase lebenden Tyrannen, Opfer neuer Kräfte wird.
Und das, was sich in den Geschichtsbüchern unzählige Male findet, ist heute ebenfalls zu beobachten. Die heutigen Berater der politisch verantwortlichen Akteure sind nahezu gänzlich Rekruten aus eigens für die handelnde Politik geschaffenen Denkfabriken. Je nach politischer Fraktion, beraten sie im Interesse derer, die diese Unternehmen finanzieren. Betrachtet man die Geldströme, wird sehr schnell deutlich, in wessen Auftrag in diesen Ideologieschmieden geforscht und publiziert wird. Am Ende kommt das Geld aus Ministerien oder direkt aus dem Kanzleramt. Von Unabhängigkeit keine Spur. Es geht dabei allerdings weniger um die eigene Beratung, allenfalls zweiten Grades, sondern um die Vorspiegelung von Erkenntnissen unabhängiger, hoch qualifizierter Experten. So tauchen diese Claqueure der Macht dutzendweise in den Nachrichtensendungen auf und geben ihre Erkenntnisse zum besten. Nicht selten stehen sie ihrerseits in einem Konkurrenzverhältnis und sie trachten danach, sich mit Abstrusitäten gegenseitig zu überbieten. Sie werden vorgestellt als Experten, zumeist ohne Hinweis auf die Organisation, und wenn doch, dann niemals mit dem Hinweis, wer sie finanziert.
Mal einmal abgesehen davon, dass die so präsentierten Erkenntnisse sehr oft billig und zum Teil abstrus sind, entsprechen sie haargenau den von der Politik ausgegebenen Parolen. Der immer wieder geäußerte Verdacht, dass sich die Macht in der gegenwärtigen Form der selbst deklarierten liberalen Demokratie in einer mentalen Blase befindet, die imprägniert ist gegen jegliche Form des Lernerfolges wie gegen notwendige Perspektivenwechsel, dokumentiert das Fatale des ganzen Konstrukts. Es gewährleistet bis zu einem gewissen Grad die Täuschung der Bevölkerung, es verhindert allerdings auch die Perspektive tieferer Einsicht, dass man sich auf dem Holzweg befindet.
In der ganz profanen Beraterszene, die täglich in allen möglichen Organisationen sich redlich ihr Dasein verdient und in vielen Fällen tatsächlich helfen kann, ist die Erkenntnis ein Gassenhauer, dass nur der gut beraten ist, der um sich Menschen schart, die nicht von ihm abhängig sind und sich daher nicht scheuen, unbequeme Wahrheiten zu äußern und den Finger in die Wunde zu legen. Dazu sind allerdings Persönlichkeiten erforderlich, die mit Kritik umgehen können und nicht gleich hysterisch werden, sobald der eigene Heiligenschein in Gefahr ist.
Das Spiel mit der Vortäuschung unabhängig zustande gekommener Erkenntnisse durch bezahlte Claqueure nähert sich seinem Ende. Für Auftraggeber wie Auftragnehmer ist der Ausgang stets heikel.

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Wenn ich das Wort „Berater“ schon höre …