Ostenmauer – 15. Unterwerfung und Harmonie

Mit bestimmten Typen meiner Gattung hatte ich zeitlebens Probleme. Einem davon hat Heinrich Mann exemplarisch einen ganzen Roman gewidmet. Der Untertan ist eine ganz besondere Spezies. Ich habe immer wieder versucht zu ergründen, warum sich Menschen Verhältnissen unterwerfen, die weder ihren Interessen noch ihren Vorlieben entsprechen. Manchmal mit Murren, aber ohne offenen Widerspruch. Immer zuerst die Unterwerfungsgeste. Dann, sollte sich ein Mensch mit etwas mehr Selbstbewusstsein in der Nähe befinden, mit dem Versuch einer Erklärung. Zumeist werden entweder gar nicht so schlechte Motive des Unterwerfenden angegeben. Wobei, das meine Vermutung, die sich Unterwerfenden genau wissen, dass es sich dabei um eine Ausrede hinsichtlich des eigenen Versagens handelt. Eine weitere Begründung ist der Wunsch nach Harmonie.

Bei letzterem fallen mir immer meine javanischen Freunde ein. Sie gehören dem Kulturtypus an, in dem die Harmonie eine herausragende Rolle spielt. Auch sie halten alles aus, was man sich nur denken kann. Nur, wenn sie eine Quelle ausmachen, die aus ihrer Sicht den Zustand der Harmonie systemisch stört, dann bricht ein Sturm los, der so gewaltig ist wie der Ausbruch des Krakatau. Manchmal, so sagte mir ein javanischer Kollege, ist eine Revolution nötig, um die Harmonie wieder herzustellen. Das gefiel mir und ließ mich die vielen Gesten der Duldsamkeit verzeihen.

Nur hier, in unserem Kulturkreis, verhält es sich anders. Da bleibt Unterwerfung einfach Unterwerfung. Dahinter steckt nie eine emanzipative Ratio. Und das ist das Elend. 

In Jakarta trägt ein Stadtteil den Namen

Ein Gedanke zu „Ostenmauer – 15. Unterwerfung und Harmonie

  1. Pingback: Ostenmauer – 15. Unterwerfung und Harmonie | per5pektivenwechsel

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.