Wenn ein Prozess einen Zustand hergestellt hat, den man analog zur us-amerikanischen Militärdoktrin als Full Spectrum Dominance bezeichnen müsste, dann ist es der der sprachlichen Beeinflussung des Publikums. Begriffe wie Hassrede, etwas schlecht reden, Populismus oder Verschwörungstheorie bilden nicht nur Bezeichnungen für tatsächlich zu konstatierende Zustände, sondern auch Werkzeuge, um alles, was nicht der herrschenden Meinung entspricht, auf das radikalste zu diskreditieren.
Dazu hatten sich staatliche Institutionen Dinge einfallen lassen, die dem Grundgedanken des demokratischen Staates auf das tiefste widersprachen. Indem private Plattformen und Agenturen aufgefordert wurden, Aufgaben des staatlichen Monopols der Rechtsüberwachung zu übernehmen, wurden auf Betriebe mit privater Profitorientierung staatliche Funktionen übertragen, die sie, ohne rechtlich anfechtbar zu sein, so wahrnahmen, wie sie der politischen Auffassung der Auftraggeber entsprachen. Dass nun, bei der Aufkündigung der Wahrnehmung dieser Aufgabe bei einer mächtigen Plattform zu einem Aufschrei nahezu des gesamten politischen Lagers führt, zeigt in aller Deutlichkeit, inwieweit Rechtsstaatlichkeit seit langem auf der Strecke geblieben ist. Stattdessen erhärtet sich der Eindruck, dass eine rechtlich fragwürdige Zensurpraxis über den Umweg des Outsourcing zu einer allgemein gesellschaftlich akzeptierten Form der Gängelung akzeptiert wurde.
Als Herrschaftstechnik ist dieses Manöver weitaus geschickter als dass man es den Betreibern zugemutet hätte. Denn diese benehmen sich nicht so wie Strategen, sondern machen an nahezu jedem Arbeitstag genau das, was sie anderen zu verbieten suchen. Sie säen Hass gegen ihre politischen Gegner, sie diskreditieren alles, was ihnen als Standpunkt nicht in den Kram passt, sie unterstellen jeder anderen Meinungsäußerung eine fragwürdige Motivation und sie insinuieren nach jedem Versuch eines Perspektivenwechsels eine bezahlende feindliche Agentur. Wer so agiert, kann unter normalen Umständen keine edle Motivation für sich reklamieren.
Und da wären wir bei dem Dilemma, das die gesamte Politik in dem Teil Europas durchzieht, das man bei Betrachtung der geschichtlichen Befindlichkeit als ein Ensemble längst desavouierter und gedemütigter Imperien bezeichnen muss. Man stellt sich die Frage, wo in den einzelnen Regierungen und wo in dem großen, supra-nationalen Zusammenschluss noch ein Licht dessen ist, das den Aufstieg zu einem Faktor in der Weltherrschaft gemacht hat?
Man könnte auch versuchen, einen Rat zu geben. Er würde sich an die richten, die mit aller schwindenden Macht versuchen, das Buch des Handelns noch in der Hand zu behalten. Statt sich auf Finten zu verlagern, mit denen die Enthüllung und der Widerspruch unterbunden werden können, sollte man vielleicht versuchen, den Kräften Raum zu geben, die tatsächlich in der Lage sind, Freiheit dazu zu nutzen, etwas neu und besser zu machen, alte bewährte Prozesse zu modernisieren und neue Korridore der Erkenntnis zu eröffnen. Durch Regeln, Verbote und Sanktionen ist dieser Kontinent nicht zu dem geworden, was er einmal war. Die Renaissance, in der wir uns momentan befinden, ist die Zeit, aus der später einmal die Aufklärung hervorbrach. Das ist nicht der Weg, der aus der historischen wie systemischen Krise führt.
Lehnen Sie sich einmal zurück! Schließen Sie die Augen, und beantworten Sie eine Frage, die sich aus folgendem Zitat ergibt:
„Das aufgeklärte Europa ist so lange am Leben, wie die schöpferischen Leidenschaften die Ressentiments in Schach halten.“ (Peter Sloterdijk, Der Kontinent ohne Leidenschaften)
Und, wie sieht Ihre Antwort aus?

Immerhin ist immer noch nicht verboten heute das Gespräch zwischen Musk und Weidel zu verfolgen. Noch hat man die sozialen Medien nicht im Griff.
Habe gerade gelesen, dass dieses Gespräch von 150 EU-Beamten wegen zu erwartender Rechtsverstöße beobachtet wird, Quelle Die Welt
Was hat ein Gedankenaustausch mit Rechtsverstößen zu tun? Mit dem Gegenüber werden doch nur Meinungen ausgetauscht. Das, so lernte ich in der Schule, ist ein zutiefst demokratischer Prozess.
Das aufgeklärte Europa ist wohl schon tot oder liegt zumindest im Sterben; ich jedenfalls kann ein lebendes nicht mit den herrschenden Zuständen in Einklang bringen. Dabei ist es ein Trost, dass die meinungsunterdrückenden Machthaber offensichtlich panische Angst haben, während ich nur besorgt bin. Sie schlafen bestimmt schlechter als ich. 😊