So, wie es scheint, ist die Stille eine sehr subversive Kraft. In diesen Tagen zeigt es sich dadurch, dass die auf permanenten Krawall gebürsteten Kanäle verzweifelt nach Superlativen suchen. Da die Schreihälse aus dem eigenen Lager für einige Tage verstummt sind, wird auf dem übrigen Planeten nach Tragödien oder Kuriosa gesucht, mit denen die Empörungs- und Lustkanäle, die mit ihren eklatistischen Schlünden gieren, gestopft werden können. Dennoch – die Ausbeute ist mehr als dürftig: was ist schon ein Flugzeugabsturz im fernen Osten? Davon gibt es immer wieder Beispiele. Oder die Aussage eines Elon Musk, für einen schlappen Dollarbetrag einen Tunnel von den USA bis nach Europa bauen zu können? Kennt denn niemand den Roman von Bernhard Kellermann? Erschienen 1913 , mit dem Titel „Der Tunnel“, in dem der Ingenieur Mac Allan mit dem stahlähnlichen Werkstoff Allanit im Auftrag des Atlantik-Tunnel-Syndikats einen submarinen Tunnel von Amerika nach Europa baut? Darin steht doch sehr genau, wie so etwas gemacht wird. Neu ist das also nicht. Mit Ausnahme der Petitesse, dass das eine als utopischer Roman und das andere als ein technologisch realisierbares Geschäftsmodell zu beschreiben wäre.
Womit wir bei dem eigentlichen Problem unserer Tage angekommen sind. Die Trennlinien zwischen Utopie und Geschäftsplan scheinen sich zu verwischen. Vieles von dem, was die von der Technokratie Berauschten sich so vorstellen können, wäre tatsächlich machbar, wenn es nicht die große Kluft von technischer Faktizität und humaner Fehlbarkeit gäbe, die ihrerseits nichts schlechtes, sondern zunehmend als ein Segen angesehen werden muss. Jeder „Unfall“ in der Anwendung der Technik spricht für einen Restbestand an gattungsspezifischer Kompetenz. Denn vieles von dem, was sich der satanische Geist im Bereich technischer Plausibilität denken lässt, stößt auf eine biologische Opposition im Kopf bereits verunstalteter Menschen. Das betrifft alle Werkzeuge, die mit dem Ziel angewandt werden, sich selbst zum Subjekt aufzuschwingen, obwohl sie als Objekte erschaffen wurden. Nichts zeigt dies deutlicher, als die Generation von Waffen, mit denen der vereinigte Staatsterrorismus jegliche Art menschlicher Zivilisation aufs Korn nimmt.
Viele Menschen winken bereits ab, wenn auf diesen Missstand hingewiesen wird, weil sie alle Hoffnung haben fahren lassen. Das ist nicht mehr aufzuhalten, so argumentieren sie, und es gibt keine Macht, die diesem Trend ebenbürtig wäre, so schließen sie. Doch genau das Gegenteil ist der Fall. Die Lösung liegt in der Weigerung, sich der technokratischen Logik zu unterwerfen und in der Bereitschaft, sich selbst in jeder nur möglichen Hinsicht zu befähigen. Als Subjekt mit Hirn und Herz. Soviel Substanz ist noch vorhanden. Wer hingegen glaubt, durch den Einsatz all der „intelligenten“ Werkzeuge die gattungsbezogenen Gefahren bekämpfen zu können, ist bereits ihr Opfer. Denn es existiert keine Logik, die dem Urteil sich selbst befreiender Menschen überlegen wäre. Und es existiert kein Werkzeug, dass mehr Freude zu erzeugen in der Lage wäre, als das Gelingen durch menschliche Energie, am besten noch durch das Werk der Kooperation.
Zwei Voraussetzungen sind dabei vonnöten. Mut und Stille. Und Verständigung. Das ist, entgegen aller feurigen Verunglimpfung, kein Hexenwerk. Auch wenn das Syndikat der Zerstörung es mit Mitteln der Hexenverfolgung und Hexenverbrennung zu verhindern sucht. Ich denke, also bin ich. Wir machen, also sind wir. So einfach kann die Wahrheit sein.

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Lieber Gerd, auch wenn es wie ein Widerspruch klingen mag – er ist von mir in keiner Weise als Widerspruch gedacht. Es ist einfach ein anderes Erleben, das ich neben dein Erleben stellen will. Du schreibst: „Ich denke, also bin ich. Wir machen, also sind wir. So einfach kann die Wahrheit sein.“ Das mag René Descartes so gedacht haben und offensichtlich entspricht es auch deinen Überlegungen. Ich stelle einfach einmal mein Erleben daneben. Auf einem Spaziergang mit Freunden geschah es, dass alles, was ich eben noch gesehen hatte, vor meinen Augen verschwand. Die Menschen, die Häuser, die Autos, der Himmel, ich selbst … nichts blieb mehr bestehen. Und obwohl ich auch verschwand, war ich noch ich noch nie so präsent wie in diesem Augenblick. Nichts war da und Alles war da und es gab nicht den geringsten Unterschied zwischen beidem. Sicherheitshalber: Ich hatte kein LSD oder so etwas zu mir genommen. Es dauerte eine ganze Weile, bis sich wieder so etwas wie ein Normalzustand einstellte. Einer meiner ersten Gedanken danach war: „Descartes irrte. Ich habe nicht mehr gedacht, nicht mehr gefühlt – ich war nur noch, ohne dass ich hätte sagen können, was ich war.“
Lieber Gerd, ich wünsche dir noch frohe Festtage und ein einigermaßen freundliches Neues Jahr.
Ich denke, also leide ich … deshalb auf ein besseres Neues. Herzliche Grüße aus Salzburg