Politik: Die Wahrheit steht in der Schlussbilanz

Kennen Sie das? Man wähnt sich auf der richtigen wie sicheren Seite und glaubt fest daran, nichts könne einem passieren, und dann, peu a peu, beginnt es zu dämmern? Dass die Hypothesen, von denen man ausging, nicht stimmten, dass die Verbündeten, mit denen man unterwegs war, es gar nicht so meinten, wie man selbst? Und dann wird doch sehr schnell klar, dass man auf das falsche Pferd gesetzt hat? Und das Schlimme dabei ist die Erkenntnis, dass man selbst bei der ganzen Geschichte aufrichtig war und fest an alles geglaubt hat, was an allgemeinen Verlautbarungen in die Welt gesetzt wurde? Nun, im Augenblick der schrecklichen Erkenntnis, wird einem klar, dass der Dumme der mit dem guten Glauben war und der Schlaue der mit den Lippenbekenntnissen. Der sich zudem zur Stunde der Wahrheit noch erdreistet, einem zu sagen, dass es doch äußerst naiv gewesen sei, dem offiziellen Sermon allzu viel Glauben zu schenken. Nein, so tönt es jetzt von allen Seiten, jeder ist sich selbst der Nächste. Und wer anderes tatsächlich glaubt, ist ein beschämend dummer Tor.

Wenn Sie diese Situation nicht kennen, dann gehören Sie zu den Klugen. Gratulation! Sie haben sich nicht hinter das Licht des schönen Scheins führen lassen und haben mit einem klaren Kompass ihre eigenen Interessen vertreten. Das heißt nicht unbedingt, dass andere hätten darunter leiden müssen. Denn es existiert durchaus die Möglichkeit, seine eigenen Interessen zu verfolgen und dieses nicht auf Kosten anderer zu tun. Es ist sogar möglich, Bündnisse zu schließen, die auf dem festen Boden gemeinsamer Interessen stehen. Dann profitieren alle Beteiligten davon. Das untrügliche Indiz für die Qualität solcher Bündnisse ist immer die Schlussbilanz. Handelt es sich dabei um betrügerische Unternehmen, dann ist es allerdings in der Regel für die Benachteiligten zu spät. In der Schlussbilanz steht nämlich, wer bei dem gemeinsamen Unterfangen bezahlt hat. Wer hatte die meisten Kosten und Schäden, wer hat profitiert und die größten Gewinne eingefahren? Wer kann so, wie er dasteht, unbeschadet in seinen Geschäften fortfahren? Wer ist im wahrsten Sinne das Wortes ruiniert und hat keine Perspektive mehr?  Und wer hilft tatsächlich wem?

Das, was hier auf einer anonymen Ebene beschrieben wurde, ist sicherlich kein Modell, das in seiner abstrakten Form zu grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten führen würde. Deshalb ist es so bestechend. Und unter diesem Aspekt sei es doch einmal angeraten, sich die Entwicklung in Europa in den letzten Dekaden anzusehen. Das große Banner vieler Aktivitäten waren Werte und Freiheiten. Hier und Heute ist davon zwar immer noch die Rede, doch insgesamt, befragt man einen Großteil der Beteiligten, ist die Lage für viele eher desolat. In harter Währung jedoch haben einige blendende Geschäfte gemacht. Von amerikanischen und europäischen Rüstungsunternehmen bis hin zu transatlantischen Anlagefonds. Um Schiller zu zitieren, aus Eisen wurde Gold und viele Ressourcen, wie fruchtbares Land und Bodenschätze, sind heute unter der Kralle von Interessengruppen, die vorher weit davon entfernt waren. Ein ganzes Land ist ramponiert und ohne Zukunft, andere sind de-industrialisiert und werden so schnell nicht mehr auf die Beine kommen. Viele Menschen sind vertrieben und irren unerwünscht umher. Und die, für die es sich in echter Valuta gelohnt hat, reden immer noch von hehren Werten. Und nur die, die in ihrem Sold stehen und die unheilbar Törichten glauben immer noch, was ihnen erzählt wurde. Wer für sich selbst nicht sorgt, hat verloren.

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