Unwissenheit ist nicht schlimm. Ein auf Unwissenheit basierendes politisches Programm zu verfechten, ist verwegen. Und, wenn es gar nicht die eigene Unwissenheit ist, sondern auf die Unwissenheit anderer spekuliert, dann ist es kriminell. Nun können wir in diesen Tagen angesichts der vielen Dummheiten, die in den politischen Äther geblasen werden, lange Diskussionen darüber führen, in welchem Zustand die Boten dieser verwegenen wie irrwitzigen Aussagen sind. Liegt es an ihrer eigenen Naivität? Sind sie grundschlechte Menschen, die auf die Einfalt anderer setzen? Trifft bei ihnen mal das eine, mal das andere zu? Auch wenn eine solche Diskussion in Deutschland gerne geführt wird – sie fruchtet nicht. Ob eigene Dummheit oder Verschlagenheit: Falsch bleibt falsch. Basta! (Zitat)
Heute, um das Journal der täglichen politischen Sottisen fortzuführen, hat der Vorsitzende der derweil größten politischen Partei im Bundestag von sich gegeben, dass, nach Russland, nun China zum größten strategischen Feind geworden sei. Und dass es erforderlich sei, sich aus den tückischen Fängen der chinesischen Ökonomie zu befreien. Sonst drohe ein ähnliches Abhängigkeitsdebakel wie mit Russland und seinen Rohstoffen.
Abgesehen von der Deckungsgleichheit dieser Aussagen mit der us-amerikanischen geopolitischen Hegemonialdoktrin fußt die Aussage auf einer irrigen, die Gesetze der Ökonomie außer Acht lassenden Annahme: weder Russland hat in Bezug auf die Lieferungen seiner Rohstoffe noch China mit vielen Basisprodukten aus den von Bereichen der Chemie bis zu Elektronik durch Komplotte oder geschickte Spionage das Ausnahme des Bezugs dieser Stoffe bewerkstelligt. Die gegenwärtig zu verzeichnenden Abhängigkeiten sind durch die freie Entscheidung hiesiger, westlicher Unternehmen entstanden, die gemäß vollzogener Kostenkalkulation die Produktion verlagert und Rohstoffe oder Teilprodukte bezogen haben. Und, das wäre vielleicht die erste Chance, etwas zu lernen, wäre da ein Funken Wille oder Verstand: die gegenwärtige Form der internationalen Arbeitsteilung und dadurch entstandene Interdependenzen sind das Resultat betriebswirtschaftlichen Denkens, und nicht einer politischen Unterwanderung.
Nahezu frivol ist die Tendenz zu bezeichnen, nun die Gesetze der Ökonomie außer Krafft setzen zu wollen und dem freien Spiel der Kräfte im Kapitalismus ein staatliches Ende bereiten zu wollen. In Bezug auf die russische Energie sind die Folgen für die Wirtschaft bereits abzusehen. Teurere Rohstoffe führen zu Konkurrenznachteilen und in großem Maße zur Verlagerung von Produktionsstandorten in Länder, wo die Bedingungen günstiger sind. Ähnliches wird sich fortsetzen, wenn nun die Produkte aus China ins Visier geraten, besonders in den Bereichen der Chemie und der Elektronik. Was bei denen, die den kapitalistischen Betrieb als Unternehmer am Laufen halten, zu einer entsetzten und dann rationalen Reaktion treibt, ist der Abbau der hiesigen Produktionsanlagen. Das Kapital, so hieß es immer in den Vorlesungen der hoch geschätzten Betriebs- wie Volkswirtschaft, ist wie ein scheues Reh. Und wenn der Staat, die Gesetze des profitablen Wirtschaftens außer Kraft setzt, dann springt es in andere Reviere. Genau das ist gegenwärtigen großem Umfang und in Zeitlupe zu beobachten.
Es ist kurios: aus Sicht der armen Geister, die meinen die hiesige Politik gestalten zu müssen, sind irgendwelche Iwans und Chinks die Hauptfeinde unseres Wohlstandes. Ein provinzieller Etatismus hat sie so weit getrieben, dass sie die Gesetze der Weltökonomie als strategischen Rivalen ausgemacht haben. Der Kapitalismus schießt sich ins eigene Knie! So landet man im Tollhaus, wenn man der Einladung tatsächlicher Populisten und Vulgärökonomen folgt!

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Yepp. Die DDR wollte auch alles selbst „nochmal erfinden“; siehe der 1MBit Chip kurz vor ihrem Ende. Wenigstens ich weiß noch, wohin das führte. Bei meinen Ex-Klassenkameraden bin ich mir da nicht mehr so sicher.
Irgendwo hab ich auch mal den zutreffenden Spruch gelesen:
„Für die Deutschen ist typisch, dass sie top gebildet sind, jedoch finanzökonomische Analphabeten bleiben.“
Naja, das „top gebildet“ würde ich 2024 auch nicht mehr unterschreiben.