Außenpolitik: reichlich Stoff für Tragödien

Was macht eine Gruppe von Menschen, die sich auf ein Projekt geeinigt hat und daran arbeitet, wenn sie merkt, dass vieles nicht so läuft, wie es geplant war und dass die Resonanz auf die eigene Vorgehensweise von außen immer kritischer wird? In der Regel sind zwei Vorgehensweisen repräsentativ. Die eine bestünde in einer kritischen Revision dessen, auf das man sich geeinigt hat und an deren Ende eine Kurskorrektur oder die Beerdigung des Projektes stehen könnte. Und die andere Reaktion kann sein, mit einem Gefühl des „Jetzt erst Recht!“ an allen Prämissen und Hypothesen festzuhalten und den Durchmarsch zu planen. Letzteres eignet sich sehr gut zur späteren Darstellung auf der Theaterbühne oder in der Literatur. Ersteres erregt im Nachhinein kein großes Aufsehen, weil die Katastrophe ausbleibt. Die Menschen, die von einem solchen betroffen sind, außer der beschriebenen Gruppe, versteht sich, wünschen sich Kurskorrekturen, die die Katastrophe verhindern könnten. Uneinsichtige Protagonisten hoffen bis zur Psychopathie auf den finalen Erfolg, selbst wenn sie insgeheim wissen, dass es sich um eine Illusion handelt. Dennoch machen sie weiter, weil der Gruppendruck immens und die Reputation nach außen bereits zerstört ist.

Einige der Leserinnen und Leser werden bereits gemerkt haben, worauf das abstrakt gehaltene Szenario hinzielt: es geht um die Bundesregierung und das durch sie mit initiierte Vorgehen der EU in Bezug auf das Verhalten in der internationalen Politik. Mit der Annahme einer Kongruenz der Interessen mit den USA liegt ein kardinaler Fehler vor, der bereits zu mächtigen Schäden geführt hat und letztendlich, sollte der Kurs nicht korrigiert werden, zu einer Selbstzerstörung historischen Ausmaßes führen wird. Und es macht keinen Sinn, über die innere Befindlichkeit der jeweiligen Akteure zu spekulieren. Entscheidend ist immer, was sie tun. Und sie waren aktiv daran beteiligt, den Konflikt mit Russland zu suchen, sie haben die Schwächung der eigenen Wirtschaftskraft in der irrigen Einschätzung in Kauf genommen, Russland mit einem Sanktionspaket nach dem anderen in die Knie zwingen zu können, sie haben sich nach einer Karenzzeit dazu bereit erklärt, die Kosten des Krieges auf Seiten der NATO gänzlich zu übernehmen, sie treiben die gesamte Ukraine in den Ruin, obwohl sie wissen, dass dieser Krieg von ihr nicht gewonnen werden kann, sie haben die Übernahme eines Großteils der ukrainischen Agrarfläche durch westliche Großkonzerne gebilligt, womit die Zukunftsprognose für das Land noch düsterer wird, sie akzeptieren Attacken auf ihre kritische Infrastruktur durch vermeintlich Verbündete, sie investieren im eigenen Land weder in Bildung und Infrastruktur in dem erforderlichen Ausmaß, sondern betreiben eine Militarisierung der Gesellschaft in allen Bereichen, gleichzeitig lechzen sie nach einer Perpetuierung dieses Krieges und beteiligen sich an seiner Ausweitung in unterschiedlichen Regionen dieser Welt. Kriegsschiffe im Roten und im Südchinesischen Meer, immer denen der USA und Großbritanniens hinterher. 

Ich bin mir sicher, dass dieses Vorgehen, sollte es nicht ein Ende finden, das nur durch die Abberufung derer hervorgerufen werden kann, die an der vermeintlichen Bündnistreue festhalten, Resultate zeitigen wird, von denen selbst eine Kassandra keine Vorstellung hat. Sollte das nicht der Fall sein, so kann als Trost allenfalls versprochen werden, dass die Theater reichlich Stoff für neue Tragödien bekommen werden und in der Literatur der Zukunft neue Dämonen vorkommen werden, die in ihrer Schlichtheit ein Novum sind. 


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