So langsam ist es müßig, sich mit detaillierter Kritik an den herrschenden Verhältnissen abzuarbeiten. Wie täglich festzustellen, führt sie zu keinerlei Räsonnement derer, die sich im Besitz der Macht wähnen. Die sie, auch das sei festgestellt, nicht haben. Die liegt in den Händen derer, die sich hinter unauffälligen Mauern verbergen und ihre Mittelsmänner in die Flure der Symbolpolitik schicken, wenn sie das als notwendig erachten. Aber die Kampfhähne und die aufgeplusterten Hennen des medialen Schauspiels sind voll auf Kurs: Krieg, Sanktion, Eskalation. Alles andere bezeichnen sie als weich, als Unfug, als Defaitismus, als Unrat aus einer anderen Zeit. Sie, die Hasenherzen!
Also lassen wir das mit der Kritik, die allenfalls noch die Funktion besitzt, den Weg derer, die immer noch auf der Suche nach einer Erklärung sind, ein wenig zu erhellen. Die trüben Funzeln der Gewissheit, dass alles in beste Ordnung ist und nur die ewigen Nörgler schlechte Laune verbreiten wollen, sind aus ihrer Dämmerexistenz pädagogisch nicht mehr zu befreien. Sie wird das Licht irgendwann wie ein Blitz treffen, wenn für sie als die nützlichen Idioten einer mörderischen Ideologie keine Perspektive mehr zu finden sein wird.
Doch was tun? Sich von anderen Perspektiven und Sichtweisen inspirieren lassen. Einen Schritt zurücktreten, um aus der Mühle begrenzter Erkenntnis herauszukommen. In Asien, wo man mit der Zeit anders umgeht als hier, wo alles gemessen und knapp bemessen ist, existiert ein Begriff, der hier eher nicht geläufig ist, aber in wunderbarer Weise die Situation beschreibt, mit der wir seit einigen Jahren konfrontiert sind. Wenn alles aus dem Ruder läuft, wenn gedachte Grundfesten in rasendem Tempo geschreddert werden, wenn eine kollektiv vermutete Vernunft verdampft wie ein kurzer Regen im Hochsommer und wenn folglich der Eindruck entsteht, dass gegen den Widersinn der Zeit kein Kraut gewachsen zu sein scheint.
Dann, ja dann wird davon gesprochen, dass nun die Zeit des dynamischen Wartens angebrochen ist. Es bedeutet, nich in Angst, Schrecken und leerem Entsetzen zu verharren, sondern, obwohl die Zeichen längst nicht auf Abhilfe stehen, sich dennoch mit den notwendigen Veränderungen zu befassen, die erforderlich sein werden, wenn der Zeitpunkt gekommen ist. Wenn das Kartenhaus aus Lüge, Manipulation, Mystifikation, Denkverboten und Tabus zusammenbricht und die ideelle wie materielle Insolvenz sich als das einzige entpuppt, auf das dieser Weg von Anfang an hinauslief.
Dann sind kluge Pläne gefragt. Dann geht es um die Lehren, die aus dem Debakel gezogen worden sind. Es geht um neue Perspektiven, es geht um Systemveränderungen und es geht um die Konsequenzen, die gezogen werden müssen.
Die Zeit, die auf diesen Punkt vorberietet, ist das dynamische Warten. Sie muss genutzt werden, auch wenn es schwer fällt. Weil jeden Tag neue Störfeuer kommen, weil ein Irrsinn den anderen jagt, weil das Entsetzen immer wieder die Energie raubt, die erforderlich ist, um sich kluge Gedanken über das Danach zu machen.
Dynamisches Warten heißt, sich nicht beirren zu lassen von den täglichen Dummheiten und der herrschen systematischen Verballhornung des Verstandes. Dynamisches Warten heißt, sich zu überlegen, wie ganz konkret alles organisiert werden muss, wenn der Spuk vorbei ist. Und dass er bald vorbei ist, dafür spricht vieles. Dazu braucht man keine Glaskugel. Mit ein bisschen Logik wird deutlich, dass das Ende naht. Die Dynamik des Wartens ist der Weg.

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