Rechte: unveräußerlich, unverbrüchlich, unteilbar?

Wenn es eine Methode gibt, die zuverlässig den Blick in die richtige Richtung führt, dann ist es, sich anhand von Fragen einer Lösung zu nähern. Das Feilbieten von Antworten ist zu einem großen Geschäft geworden. Antworten entledigen von der Aufgabe, selbst zu denken und vielleicht dem einen oder anderen Manöver auf die Schliche zu kommen. So ist eine Frage, die uns alle in der letzten Zeit beschäftigen sollte, warum seitens unserer Politik so oft von einer regelbasierten Ordnung gesprochen wird. Nichts gegen eine solche an sich. Aber was damit gemeint ist, bleibt oft und wahrscheinlich gewollt im Unklaren. Mit der durch die UN 1948 verabschiedeten Erklärung der Menschenrechte, die ihrerseits immer wieder erweitert und durch die Fragen der Zeit präzisiert wurde, hat das Postulat nach einer regelbasierten Ordnung wohl nichts zu tun. Ansonsten könnte man doch einfach bei der Formulierung bleiben, man setze sich dafür ein, dass die von der UN verabschiedeten und bis heute getragenen Liste der Rechte durch politisches Handeln zur Realität werden. Oder nicht?

Ehrlich gesagt interessiert mich die Reise durch den Nebel der von ziemlich suspekten Subjekten hochgehaltenen regelbasierten Ordnung nicht besonders. Wenn sie guten Willens und reinen Herzens wären, würden sie die Regeln entweder konkretisieren oder klarstellen, dass sie damit die  in der UN Menschenrechtsdeklaration stehenden Werte und die daraus abzuleitenden Regeln meinen. Da sie das nicht tun, gehe ich davon aus, dass es sich bei dem Code um eine Art Insiderwissen handelt, das allerdings bei Tageslicht betrachtet ein altes Stück aus dem Ganovengenre ist: Wir bestimmen die Regeln und der Rest der Welt hat sie zu befolgen. Dass der unter dem amerikanischen Adler vereinigte Westen gerade einmal ein Zehntel der Weltbevölkerung ausmacht gibt der Sache ein besonderes Aroma.

Doch zurück zu dem, was sich hinter dem Leitsatz: Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren“, verbirgt. Die UN-Deklaration war das Resultat der schmerzhaften Zerstörungen und Verluste des II. Weltkriegs und ein mächtiger zivilisatorischer Fortschritt im beabsichtigten Umgang der Nationen miteinander. Allerdings war es auch eine Verabredung auf eine Zukunft, von der man noch weit entfernt war und bis heute noch ist.

Betrachtet man die einzelnen Ausführungen, ob es angemessener Lebensstandard, das Asylrecht, das Recht auf Bildung, das Diskriminierungsverbot, das Recht auf Eigentum, das Verbot von Folter, die Achtung der Privatsphäre, das Recht auf Freizügigkeit, Gedankenfreiheit, Gleichheit vor dem Gesetz, Meinungsfreiheit, Recht auf Arbeit, Wahlrecht etc. etc., dann wir sehr schnell, dass auf der Welt noch vieles im Argen liegt. Und, sind wir ehrlich, wieviele dieser formulierten und manifestierten Rechte sind nicht auch in den Ländern gewaltig bearbeitungsbedürftig, die momentan reklamieren, bei ihnen sei die Welt in Ordnung? Sind es nicht genau jener Eliten, die sich derweil im bellizistischen Rausch befinden, die gleich Abrissbirnen in ihren eigenen Ländern das zertrümmern, was an diesen Rechten noch existiert? Kann man ihnen zutrauen, dass sie woanders auf der Welt diese Rechte und die daraus resultierenden Regeln zur Geltung bringen? Oder ist ihre regelbasierten Ordnung nicht sogar das Recht auf Abriss, egal wo sie wüten?

Die bürgerlichen Grundrechte und Freiheiten, die in der westlichen Hemisphäre in den meisten Verfassungen verbürgt sind und die sich in der Deklaration der Menschenrechte wiederfinden, sind zumeist umschrieben mit den Begriffen „unveräußerlich, unverbrüchlich und unteilbar.“ Sieht man sich die Praxis des politischen Krisenmanagements der letzten Jahrzehnte an, dann weiß man, wo der Hase im Pfeffer liegt.  

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