Heute bin ich wieder über einen solchen gestolpert! Er schrieb eine Gastkolumne im Spiegel und glänzte durch ein hermetisch gepanzertes Weltbild. Da gab es nur Schwarz und Weiß, die Guten und die Bösen und selbstverständlich stand er auf Seiten der Erleuchteten. Allen, die anderer Meinung waren, bescheinigte er in den schlimmsten Tiraden moralische Verwerflichkeit, intellektuelle Minderleistung und die Komplizenschaft mit dem Teufel. Einmal unabhängig davon, worum es ging, der Duktus dieser als Gastkommentar in einem renommierten Nachrichtenorgan gekennzeichneten Beitrags hatte im wesentlichen nur eine Quelle: Hass und Hetze.
Natürlich ging es um den Krieg in der Ukraine. Und natürlich trug der Russe, oder um der sinnentleerten Personalisierung zu folgen, Putin, die Schuld an allem. NATO-Osterweiterung, amerikanische Waffenlieferungen, finanzielle Unterstützung nationalistischer Kräfte, eine korrupte Kiewer Regierung, alles das spielte keine Rolle, und diejenigen, die den Krieg nicht als ultima Ratio ansehen, nannte er kurzweg Unterwerfungspazifisten.
Das alles kommt mir bekannt vor. Ich erinnerte mich an Pamphlete, die ich als Student in die Hand bekam und die nach dem gleichen Muster gestrickt waren. Schwarz und Weiß, Gut und Böse, hier die brillanten Köpfe und dort die dummen Nüsse. Es war die Zeit, als der Osten noch rot und glorreich erschien und der Westen als der Hort der Verwerfung galt.
Doch dann kam vieles anders. Der Westen erlitt zwar schmerzhafte Niederlagen wie in Vietnam, aber er überlebte, der Osten brach mit der Sowjetunion zusammen und China wurde ein kapitalistisches Land mit einer kommunistischen Polizei. Für viele der Autoren der zuhauf kursierenden Schwarz-Weiß-Pamphlete wurde das nicht zum Anlass genommen, das eigene, überwiegend mental geprägte Weltbild zu überdenken. Der autoritäre Charakter, denn um nichts anderes handelt es sich, wurde beibehalten und man begab sich durch geschickte Camouflage in neue politische Projekte. Das große Sammelbecken für die am eigenen Autoritarismus Gescheiterten waren in Deutschland die Grünen. Und diese Klientel machte dort mächtig Karriere, denn kaum jemand war im Karrieretreten so geschult wie diese.
Mit der Zeit lernten sie, dass die Mächtigen sich nicht in die Karten blicken ließen und wohl vieles so war, wie man sich das zu kämpferischeren Zeiten vorgestellt hatte, aber man kannte es als Realität an und arrangierte sich. Anpassungsfähigkeit, das wissen wir seit Charles Darwin, ist der wesentliche Überlebensfaktor. Und so passten sie sich an die neuen, ungewohnten Kommunikationsformen, die neue Sprache und sogar die neue Kleidung an, aber mental blieben sie, was sie sind. Autoritär, kämpferisch und ohne Tötungshemmung, im übertragenen Sinne, versteht sich.
So verwundert es eigentlich nicht, dass der anfänglich erwähnte Autor nicht nur von seiner Haltung und seinem Weltbild an diese Zeiten erinnerte, sein Name war sogar identisch mit einem Autor jener Pamphlete, die vor mehr als vier Jahrzehnten zur Revolution aufriefen und forderten, den einen oder anderen politischen Feind zur Zwangsarbeit in einer Fischmehlfabrik in Cuxhafen zu verdonnern.
In Bezug auf die politischen Forderungen haben sich diese Prototypen, die bei den heutigen Grünen eine entscheidende Rolle spielen und wichtige Ämter innehaben, radikal geändert, wenn man so will, haben sie die Seiten gewechselt. Sie stehen nun in Diensten des einstigen Hauptfeindes. In keiner Partei ist der autoritäre Charakter so gut angesehen. Und wie bei so vielen Konvertiten, geifern diese Charaktere wie die Hexen aus dem Moor gegen ihre alten Alliierten, als gäbe es kein Morgen. Von ihrer mentalen Disposition jedoch sind sie sich treu geblieben. Sie opfern alles auf ihrem angestammten Altar aus Hass und Hetze.
Manche von ihnen gaben einmal vor, sie hätten Adornos Studien über den autoritären Charakter gelesen. Mag sein, aber was davon haben sie begriffen?

Sie haben nichts begriffen, wie die meisten ihrer Anhänger auch …
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