Ein Blick auf die Presseschau vermittelt mehr Erkenntnisse als eine ärztlich begleitete Anamnese. Der Zustand, in dem sich das Pressewesen dieser Republik befindet, kann mit kurzen Worten umschrieben werden: Desolat. Das trifft selbstverständlich nicht für alle zu, aber für die meisten Organe, die in den Ohren vieler Menschen noch Namen tragen, die von einstigen Siegen eines kritischen, unabhängigen Journalismus zeugten. Blätter, die Korruption und Vetternwirtschaft aufdeckten, die versteckte Allianzen ins Licht der Öffentlichkeit zerrten oder die Politikern den Rücken stärkten, die mutig waren und aus Überzeugung handelten. Alles passé, sic transit gloria mundi. So vergeht der Ruhm der Welt!
Gerade heute, nach dem Besuch des neuen Bundeskanzlers bei dem amerikanischen Präsidenten, faucht die Meute. Ja, man möge die Wortwahl entschuldigen, aber was dort im Fieberwahn der eigenen Haltungslosigkeit in den Äther geblasen wird, ist an Infamie gegenüber den eigenen, auf Frieden basierenden Interessen, nicht zu übertreffen. Von der FAZ bis zur Süddeutschen wird dem Kanzler vorgeworfen, dass er zu spät nach Washington gereist ist, dass er nicht schon längst den USA eine Blanko-Vollmacht in Sachen Kriegsführung an der russischen Grenze erteilt hat, dass er nicht schon längst das Projekt Nord Stream 2 auf Eis gelegt hat, dass er nicht befürwortet hat, Waffen in die Ukraine zu schicken. Wenn es eine Referenz gibt, die die Presse dem Kanzler unisono nicht bereit ist zu geben, dann wäre es diese: er hat sich bis jetzt nicht auf das bellizistische Geschrei eingelassen. Wer ihm das nun zum Vorwurf macht, enthüllt seinen eigenen Schatten.
Und dass sich in einer derartigen Situation der neue Boss der CDU, der stets alten Pfaden folgt, die günstige Gelegenheit nutzt, um bei den amerikanischen Freunden und den vermeintlichen Wählerinnen und Wählern gut Wetter zu machen, wundert nicht. Der US-Finanzwirtschaft muss er dankbar sein, sie hat ihn nach dem vorzeitigen politischen Aus aufgefangen und wie einen eigenen Sohn gepflegt. Jetzt hat sie ihn zurück in seine alte Heimat geschickt, damit er ihr zeigt, wie gut es ist, seinen Erziehungsberechtigten zu folgen. Ja, zuweilen ist es auch putzig. Es war schon immer nicht so einfach, eine eigene Haltung zu entwickeln und ihr treu zu bleiben. Und wer zulange im Dienern verharrt, der hat keinen Blick mehr auf den Horizont. Und ob diese Art von Opportunismus von den Wählerinnen und Wählern honoriert werden wird, möge der fromme Wunsch des Musterschülers bleiben.
Während Presse und Denkfabriken auf Hochtouren laufen, um politisches Handeln, das eine Friedenssicherung zum Ziel hat, zu torpedieren, und während sich eine bestimmte Gruppe von so genannten Atlantikern bei jeder Gelegenheit feilbietet, um Verwirrung in den Köpfen zu stiften, sei vielleicht ein Vorschlag zur Güte gemacht: Gründet Freiwilligen-Verbände, bei denen man sich zum Dienst and der Waffe an der russischen Grenze melden und mitmachen kann. Geht dorthin und leistet in Demut den Beitrag für eure Überzeugungen. Das kann zwar bitterböse enden, aber es hätte zumindest zur Folge, dass ihr als tragische Figuren in die Geschichte eingeht und nicht als bezahlte Knechte fremder Interessen, die für das sprichwörtliche Linsengericht alle verraten, die euch durch ihre harte Arbeit am Leben halten und euch eine saturierte Entwicklung ermöglicht haben.
Nein, an der Situation, wie sie sich im Osten Europas darstellt, ist nichts zu beschönigen. Und ja, da gibt es viele Seiten, denen Fehlverhalten, Unüberlegtheiten und Eitelkeiten vorzuhalten sind. Durch lautes Trommeln ist eine solche Lage jedoch nicht zu entschärfen. Da hilft nur Ruhe und Besonnenheit. Und das mögen die Rohrspatzen bekanntlich nicht.

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Ja, es ist schlimm, wie die Medien die Politiker geradezu in den Krieg treiben. Nein, es ist einfach nur widerlich und ekelhaft. Beim Spiegel (oder war es woanders? Egal) war es mir schon vor ein paar Tagen aufgefallen, als gejammert wurde, dass Scholz es dem armen Biden nicht rechtmacht, der doch ganz andere Erwartungen hätte. Mal sind sie regierungskonform bis zur Kriecherei, wenn es zur verordneten Linie passt, dann wieder wenden sie sich gegen die Regierng, wenn es so von oben vorgegeben wird. Ihren eigentlichen Auftrag haben sie schon lange vergessen.