Das Ende der Globalisierung?

Eine der wohl weit verbreitetsten Erzählungen ist die, dass die Kritiker der Auswirkungen der Globalisierung jene seien, die die Komplexität der neuen Welt überfordert. Damit ist jedoch nicht das mangelnde Vorstellungsvermögen gemeint, sondern die Auffassung, dass die Entwicklungen, die zu schädlichen Auswirkungen für die Lebensbedingungen in verschiedenen Teilen der Welt  bei unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen führen, nicht mit den vielen Vorteilen, die die Globalisierung mit sich bringt, abgewogen werden. Das ist die die Bilanz von Gewinnern. Die Verlierer sollen gefälligst verstummen. Diese Sichtweise ist egoistisch wie borniert. Wer sein Vermögen vervielfacht hat leicht reden. Wer die Arbeit verliert oder seine Lebensgrundlagen zerstört sieht, sollte nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht haben, darauf hinzuweisen. Denn Verbesserungen wird es nur geben, wenn die Bilanz offen und für alle ersichtlich auf dem Tisch liegt. 

Und tatsächlich ist die Diversifizierung von Produktionsketten genauso problematisch wie die absurden Transportwege, die ständige Generierung von neuen Märkten, ob sie zur tatsächlichen Befriedigung von wichtigen Bedürfnissen beitragen oder nicht. Das von umsichtigen Betrachtern der weltweiten wirtschaftlichen Entwicklung seit Jahrzehnten ausgesprochene Mantra, man solle global denken und lokal handeln, ist ein kluger Rat, der bei der entfesselten Form einer neoliberalen Wirtschaftsauffassung auf wenig Resonanz stösst. Für sie regelt der Markt alles. Im Sinne der privaten Gewinnmaximierung stimmt das, in Bezug auf die destruktiven Kräfte absoluter Freiheit trifft es nicht zu.

Was in diesem Kontext komplett unter den Tisch fällt, ist die geostrategisch zu registrierende Konkurrenz. Der Ideologie gemäß müssten sich die tüchtigsten Kräfte durchsetzen. Aber ausgerechnet dort, wo das nicht der Fall ist, sind die selbst reklamierten Befürworter der Globalisierung diejenigen, die mit den Mitteln eines antiquierten Partikularismus sich gegen das Gesetz der Dominanz der Produktivsten und Innovativsten zur Wehr zu setzen suchen. Die USA, das einstige Flaggschiff des freien Welthandels, sind zum Epizentrum einer protektionistischen Politik geworden. Dort existieren bereits über 200 Gesetze, die gegen die Wirtschaftspolitik des Konkurrenten China wappnen sollen. Die Europäische Union ist dabei, sich der Containment-Politik der USA gegenüber China und Russland anzuschließen. Protektionismus, Zölle und Sanktionen sind dabei der Werkzeugkasten. Wird diese Politik, die Ausdruck einer zunehmend schlechten Position aufgrund der eigenen Produktionsmethoden und technologischen Entwicklung sind, fortgesetzt, ist das Ende der Globalisierung in Sicht. 

So frivol es erscheint, dass die Apologeten einer immer wieder auch destruktiven Art der Globalisierung dabei sind, diese Ära zu beenden, so absurd ist es, dass sie sich noch anmaßen, den Vorzügen des weltweiten, unbegrenzten Handels und unkontrollierter Produktion in ihren politischen Statements das Wort zu reden. Da tut sich ein Widerspruch auf, an dem gearbeitet werden muss. 

Die beste Art, sich einem Wettbewerb zu stellen, der nicht die Vernichtung der anderen Akteure zum Ziel hat, sondern durch gute Verfahrensweisen, soziale Vernunft und den klugen Umgang mit Ressourcen zu überzeugen sucht, ist die radikale Verbesserung der eigenen Vorgehensweise wie das Angebot zur Kooperation. Investition in gute Bildung, eine radikale Erneuerung der Infrastruktur, die Bewerkstelligung sozialer Kohärenz sowie der Respekt vor den eigenen Grundrechten wären die richtige Antwort auf das eigene Schlittern von einer Krise in die nächste. 

Stattdessen dominieren die Feindbilder und die Ressourcen fließen in immer größerem Ausmaß in Kriegsmaschinerie. Es ist der falsche Weg. Und wer, wie zur Zeit überall zu hören, sich diesem Irrweg nicht anschließt, sei nicht regierungsfähig. Eine derartige Form der Regierungsfähigkeit ist die falsche Qualität zur falschen Zeit.  

3 Gedanken zu „Das Ende der Globalisierung?

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  2. Avatar von gkazakougkazakou

    Ja, so ist es. Aber woher sollen unsere maroden zutiefst korrumpierten Regierungen die Kraft und den Willen nehmen, die notwendige Umorientierung in die Wege zu leiten? Wieviel leichter ist es doch, mit dem Finger auf andere zu zeigen, als sich an die mühsame Arbeit der Selbstverbesserung zu machen. Der Wähler, in seiner Hiflosigkeit, kann zwischen allerlei Übeln wählen … und nirgends eine Kraft zu sehen, die das umsetzt, was eigentlich jeder vernünftige Mensch fordern sollte und wohl auch fordert: eine Wirtschaft, die an den tatsächlichen Bedürfnissen der Menschen orientiert ist, ein Staat, der einen den Bürger respektierenden Rechtsrahmen setzt, eine Bildung, die auf die eingeborene Kreativität und Kooperationsbereitschaft der Menschen baut.

  3. Avatar von Alice WunderAlice Wunder

    Afghanistan und wahrscheinlich auch der Kampf gegen Viren haben doch deutlich gezeigt, daß politische Strategien darauf abzielen, Fakten, Tatsachen und sonstige Elefanten im Raum nachhaltig und lange zu ignorieren.

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