Wie heißt es so schön? Die Hoffnung stirbt zuletzt. Und tatsächlich ist die Hoffnung eine gute Sache, denn sie ist es, die die Lebensgeister wachhalten kann, auch wenn die Lage bedrohlich ist. Aber die Hoffnung ist, wie alles, eine zweischneidige Angelegenheit. Sie kann auch verzweifelten Mut mobilisieren, wenn es klüger wäre, nüchtern das Debakel, mit dem man konfrontiert ist, zu analysieren und die richtigen Schlüsse zu ziehen. Auch dann kann gehofft werden, dass sich die Verhältnisse bessern. Ein Kompromiss wäre, zwar grundsätzlich hoffnungsvoll zu sein, bei der geplanten Realisierung des Gehofften jedoch von einer gewissen Skepsis geleitet zu werden, die verhindert, den Blick für die Gefahren zu verlieren.
Die Kommentare, zumindest die hiesigen, zu den amerikanischen Mid-Term-Wahlen sind von einer Hoffnung getragen, die eher an das Blauäuigige erinnern. Der voraussichtliche Sieg der Demokraten für das Repräsentantenhaus ist zwar als eine Reaktion auf die Trump´sche Politik zu werten, die Verteidigung der republikanischen Mehrheit im Senat aber auch. Es ist keine Kehrtwende in der amerikanischen Politik, es handelt sich um eine Polarisierung der Positionen. Aufgrund der Politik Trumps konnten die Demokraten ihre Anhängerschaft besser mobilisieren, die Spaltung der Nation wurde jedoch offensichtlich.
Bei der näheren Betrachtung der Ergebnisse fällt auf, dass sich an der grundsätzlichen Polarität nichts geändert hat. Die urbanen Zentren wählen demokratisch, die Provinz republikanisch. Und diese Nachricht ist es, die nicht eine unbegründete Hoffnung nähren, sondern eine kühle Analyse beflügeln sollte. Nahe liegt der „demokratische“ Reflex, die vermeintlich in der Provinz lebenden Landeier als störrische Esel zu diffamieren, die mit dem Tempo der Globalisierung nicht mithalten können.
Es ist die ungetrübt positive Sicht der urbanen Eliten auf die Segnungen der Globalisierung, die zur Revision ansteht, sonst wird der in der westlichen Hemisphäre vorherrschende Trend zum Neoliberalismus nicht gestoppt werden können. Die provinzielle Perspektive auf die Dynamik einer weltweiten Globalisierung birgt nämlich Wahrheiten, die in den Städten nicht mehr ankommen. In der Provinz wird sehr schnell sichtbar, dass nur noch Märkte und Verwertbarkeit darüber entscheiden, welche Beachtung einer Region geschenkt wird. Und in der Provinz wird ebenso deutlich, was es bedeutet, wenn dort etwas Verwertbares gesichtet wird. Nämlich die Zerstörung der gesamten Region unter der Regie derer, die das Verwertbare ausbeuten. Globalisierung ist auch Raubzug, und Globalisierung ist auch Verödung. Beides wird in der Provinz erlebt.
In den Städten werden die überall auf der Welt oder rund um die Welt in Ketten erstellten Produkte in schicker Atmosphäre angeboten, in den Städten sind die Kommunikations- und Vernetzungsmöglichkeiten gegeben und in den Städten ist eine zumeist gute Versorgung gesichert. All das berechtigt nicht zu einer überheblichen Sicht. Letztere führt zu einer emotionalen Spaltung, die nachhaltig und politisch schädlich ist. Angesichts der Reduktion der Globalisierung auf die städtische Atmosphäre stellt sich die Frage, wo die Komplexität wesentlicher reduziert wird: in der Stadt oder auf dem Land? Dass die urbanen Eliten dazu neigen, die Kritiker der Globalisierung als Abgehängte und die Komplexität der Welt nicht Verstehende zu bezeichnen, offenbart ihre eigene Provinzialität.
Es ist tatsächlich komplexer als es vielen scheint. Eine Kritik, die sich dem widmet, wird voraussichtlich mehr bewirken, als irgendwelche Wahlergebnisse.

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CNN writes “ The House loss is a serious blow to Trump, but GOP wins where he campaigned prove he remains a potent political force“ – exactly. The Democrats in their current setup are no match for Trump. Listen to Bernie’s victory speech after winning his Senate seat again. He’s absolutely right. I hope he will run again in two years.
Die Trump-Wähler sind politisch anscheinend ähnlich gestrickt, wie die BREXIT-Wähler im UK und die Wähler der Populisten in Europa. Sie fühlen sich als Verlierer, lehnen mehr und mehr dieses politische System ab und der paradoxe Wahnsinn ist es, daß sie Trump, den ganz da oben, als einen der Ihren ansehen!
Warum wählen sie dann aber auf dem Land eher Parteien wie CDU oder AfD, die global/wirtschaftlich gesehen für ein „weiter so“ stehen? Meines Wissens wettert die AfD nur gegen Nicht-Deutsche, will am bestehenden Wirtschafssystem, für das die Globalisierung, die globalen Märkte ja geschaffen wurden, nichts ändern. Ebenso wenig will dies die CDU ändern. Ändern würden das gerne eher linke Parteien wie die Grünen, die Linke (die SPD leider nicht mehr), die eher in den Städten Anklang finden. Das man Flüchtlinge aufnimmt, die vor den Kriegen der Raubzügler fliehen, dass man Arbeitsmigranten aus der „globalen Provinz“ aufnimmt, weil es dort mittlerweile gar nichts mehr gibt, von dem man leben könnte, bedeutet ja nicht, dass man mit dem System des Neoliberalismus zufrieden wäre. Eher das Gegenteil. Nach der Aussage in diesem Artikel müssten gerade die Menschen in der europäischen Provinz also eher systemkritisch, sprich „links“ wählen – aber sie werden von rechten Parteien betrogen, die die Migration die „Mutter aller Probleme“ nennen, und nicht das bestehende neoliberale Wirtschaftssystem.
Liebe Ann Christina, der provinzielle Protest ist irrational, weil er diejenigen wählt, die ebenso die Globlisierung und den Wirtschatsliberalismus treiben. Das werden sie zu spät merken. Ihr wesentliches Motiv ist der Protest, der sich allerdings irrational äußert. Und die Fragen, die Du stellst, sind zu rational, um das Phänomen zu erklären.😎