Feinde ringsum

Die Situation ist so neu nicht. Da ist jemand, dem gefällt das Zusammenleben mit einem Partner nicht. Egal wo, in einer Beziehung, im Geschäftsleben, in einer Organisation. Seit langem stören ihn gewisse Positionen, die die andere Seite vertritt oder auch Handlungsweisen, die das Gegenüber schon seit langem pflegt. Der kritische Partner hat es moniert. Nicht einmal, nein gefühlte tausendmal. Und es bleibt alles so, wie es ist. Und irgendwann geht es dann nicht mehr. Das Fatale ist, dass in dieser Phase das Abwägen nicht mehr stattfindet. Die Frage, ob die kritisierten Positionen oder Handlungen ärgerliche Details sind, oder ob sie so gravierend sind, dass sie alle anderen Vorteile der Verbundenheit überwiegen. Nein, irgendwann überstrahlt der Dissens alles. Und dann sagt die unzufriedene Partei, dass es Zeit für den Bruch ist. Und dann ist es so, wie es ist.

Wir alle kennen das. Nicht immer folgt der Ankündigung die notwendige Konsequenz. Wenn der Bruch, der viel beschworene, nicht vollzogen wird, dann wird aus dem unzufriedenen Partner, je länger das alles dauert, irgendwann ein Nörgler, und dauert es noch länger, ein hysterischer Nörgler. Und dann verschwindet alles, was an der Kritik auch einmal richtig und treffend gewesen sein mag. Dann erschienen dort nur noch die inkonsequenten Akteure, deren Motive zweifelhaft erscheinen, weil sie nicht zu dem stehen, was sie angekündigt haben. Und alle, die den Prozess des Kleinmutes beobachten, fangen wieder da an zu suchen, wo alles begonnen hat. Sie betrachten noch einmal den Anlass der Kritik und wägen ab, ob das ganze Theater, als das sie die angekündigte und nicht vollzogene Trennung nun betrachten, ob dieses ganze Theater noch in irgend einem Beziehungszusammenhang mit dem Kritisierten steht. Und meistens wenden sie sich, durchaus vernünftig, kopfschüttelnd ab.

Und das macht diejenigen, die für die Trennung plädierten, nur noch verzweifelter und wilder. Sie machen, was in unserer schönen Sprache so treffend bezeichnet wird, aus jeder Mücke einen Elefanten. Und dann beginnt ihre Talfahrt. Sie werden immer irrer, sie werden immer unverhältnismäßiger, sie feinden sich mit Gruppierungen an, die neutral sind oder ihnen sogar einmal zugeneigt waren. Tobend und brüllend rennen sie durch die Flure und ihre Devise scheint zu sein: Feinde ringsum!

Was bleibt dem Partner, um den es ursprünglich ging? Was kann er oder sie machen, wenn aus einer ehemaligen Allianz eine geifernde Hysterie geworden ist? Dieser Partner ist gut beraten, wenn er so schnell wie möglich das Bündnis für beendigt erklärt und seiner Wege geht. Denn egal, was er noch machen wird im Dialog mit dem Verwirrten, es wird ihm von diesem ausgelegt werden als ein hinterhältiges Manöver, als Betrug, als typisches, ekelhaftes Verhalten. Das ist traurig, aber es ist wahr.

In Zeiten, in denen sich vieles ständig ändert, sind solche Zerwürfnisse häufiger als in Zeiten relativer Ruhe. In Zeiten, in denen es darauf ankommt, sich den veränderten Verhältnissen anzupassen und viele Herausforderungen bereits zu antizipieren, ist historische Kenntnis von großem Vorteil. Allerdings ist rückwärts gewandtes Gezeter, in dem es um Rahmenbedingungen geht, die längst nicht mehr gelten, allzu oft tödlich. Darauf sollte sich niemand einlassen, der selbst überleben will. Und diejenigen, die sich verrannt haben, sollten die Freiheit genießen, ihre eignen Wege zu gehen. Konsequent!

Ein Gedanke zu „Feinde ringsum

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