Neue Konstellationen?

Nun wird es spannend. Der Dissens über das Iran-Atom-Abkommen zwischen den USA und dem Rest der Welt böte so einige Möglichkeiten. Die Position der USA ist deutlich und klar: Sie trauen dem Iran nicht, unterstellen ihm permanente Vertragswidrigkeit und sehen daher keinen Sinn in wirtschaftlicher Zusammenarbeit. Sowohl die EU-Staaten als auch Russland und China sehen das anders. Sie beteiligten sich mehr oder weniger intensiv um dieses Abkommen, dass den Iran durch wirtschaftliche Kooperation dafür belohnen sollte, wenn er von einer Weiterentwicklung seines Atomprogramms absähe. Das schien und scheint vernünftig. Die USA haben den Vertrag mit ausgehandelt und noch während Obamas Präsidentschaft ratifiziert. Trump hat nun das Werk zwölfjähriger diplomatischer Bemühungen in einer Nacht abgefackelt. 

Wie bei allen vorherigen, so sei auch bei dieser Tat des amerikanischen Präsidenten davor gewarnt, seinen Aktivität mit dem Attribut „toll“ oder „tollwütig“ wegzuwischen. Es ist durchdacht und eine doppelte Kriegserklärung. Zum einen geht es direkt gegen den Iran, der im Nahen Osten das einzig mögliche Machtpendant zu Saudi Arabien bildet. Letzteres steht scheinbar auf Seiten des wankenden Imperiums, sicher sollte es sich jedoch genauso wenig sein wie Israel, dass in diesem Konflikt dramatisch isoliert ist, da sollte es sich keine Illusionen machen. Was die saudische Gesellschaftsordnung attraktiver macht als die iranische wird das Geheimnis der westlichen Moralpolitiker bleiben, letztendlich wurde von Riad aus in den letzten Jahrzehnten weltweit mehr Terrorismus finanziert und unterstützt als von Teheran. 

Und zum anderen ist die Aufkündigung des Iran-Atom-Abkommens die Fortsetzung des gegen die Staaten der EU begonnen Wirtschaftskrieges. Es geht vor allem darum, die Unternehmen zu stigmatisieren, die bereits Wirtschaftsbeziehungen zum Iran pflegen. Das soll andere erschrecken und die Knute zeigen, die das Imperium herausholen wird, wenn Unternehmen nicht das machen, was es von ihm verlangt. Vielleicht ein kleiner Hinweis: Bestrafte man alle amerikanischen Unternehmen, die weltweit unanständige Geschäfte machen, dann hätten wir sehr schnell in Europa einen Markt frei von amerikanischen Waren. Aber es geht um Macht. Da wird nicht argumentiert, sondern gehandelt.

Angesichts der amerikanischen Politik ist deutlich geworden, dass der Schutzschild, der durch das so genannte transatlantische Bündnis auch militärisch geboten wurde, bereits heute nicht mehr existiert. Insofern ist es nicht an der Zeit, sondern überfällig, sich zu überlegen, wo die zukünftigen Partner in der internationalen Politik zu suchen sind. Geschäfte machen will die Bundesrepublik immer, da sollte sie nicht zu genant sein. Die Frage ist, ob sich noch jemand findet, mit dem kooperiert werden könnte, solange man auf einem Schimmel durch die Welt reitet und die Nase rümpft ob der moralisch unterlegenen Ausdünstungen, wo immer man sich aufhält. Ein wenig Demut in Bezug auf die eigenen Verhältnisse, die nicht nur duften, könnte eine erste Überlegung wert sein.

Nach dem letzten Weltkrieg gab es einen Konsens in der internationalen Gemeinde, der davon ausging, dass wirtschaftliche Kooperation, wirtschaftliche Beziehungen zum gegenseitigen Nutzen, eine der zentralen friedenssichernden Instrumente darstellt. Wer miteinander Handel treibt, wer zusammen etwas herstellt, der lernt sich kennen, entwickelt für beide Seiten verträgliche Verkehrsformen und es entsteht ein gemeinsames Interesse. Wer bewusst gegen diese Option agiert und stattdessen auf Raketen setzt, der hat mit dem Frieden nichts im Sinn.

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