Wenn es eines Beispiels bedurfte, wie sich die Macht vom Volke entfernt, dann ist es der Umgang der derzeitigen Bundesregierung mit dem Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages. Letzterer stellte vor zwei Tagen fest, dass der Militärschlag der USA, Großbritanniens und Frankreichs gegen Syrien schlicht völkerrechtswidrig ist. Selbst, so das Gutachten, wenn es um die Ahndung der Anwendung von chemischen Waffen durch die syrische Regierung ginge, was allerdings nicht erwiesen ist. Gäbe es in dieser Bundesregierung zumindest noch formell die Verpflichtung, sich zu einem solchen Gutachten zu äußern, dann wäre es wohl längst geschehen. Stattdessen steht immer noch die verhängnisvolle Einschätzung der Kanzlerin im Raum, der kriegerische Akt sei angemessen und richtig gewesen.
Ja, da wird seit einigen Jahren mächtig geklagt. Vor allem über das Verhältnis großer Teile der Öffentlichkeit gegenüber Staat und Verfassung. Es wird geklagt über den wachsenden Populismus und die Erosion der demokratischen Werte. Dass dieses zu verzeichnen ist, ist nicht einmal zu bezweifeln. Nur bei den Ursachen meldet sich ein zunehmend schrillerer Dissens an.
Da werden die Ursachen seitens der Regierung in einer populistischen Adaption von Politik verortet, die sich zunutze macht, dass die zunehmend komplexer werdende Politik in Zeiten der Globalisierung von immer mehr Menschen nicht mehr verstanden würde und sich gewisse Kreise dieses Phänomen zunutze machten. Und dieses geschehe, indem der wuchernden Komplexität sehr einfache, nein, vereinfachende Antworten entgegengesetzt würden, die sich vor allem dadurch auszeichneten, dass sie zudem anti-demokratische und menschenverachtende Schlussfolgerungen zuließen.
Menschenverachtend und anti-demokratisch allerdings ist genau die Ignoranz dieser Bundesregierung, die es fertig bringt, völkerrechtswidrige Aktionen als richtig und angemessen zu bezeichnen und die es nicht einmal für nötig hält, diesen Irrtum in Form einer Selbstkritik zu thematisieren. Weiter so, das ist die Devise, und zwar weiter so im Sinne einer propagandistisch flankierten Kriegsmobilisierung. Da passt es, dass vor wenigen Tagen im Fernsehen des „befreundeten“ Großbritanniens, in dem die dortige Regierung nach analogen Mustern vorgeht, das Interview mit einem ranghohen General einfach ausgeblendet wurde, als er erzählte, aus seiner Sicht hätte der Präsident Syriens, Assad, wohl keine Gründe, mit Giftgas gegen die eigene Bevölkerung vorzugehen, da der Krieg für ihn gewonnen sei. Just in diesem Augenblick fielen Bild und Ton aus und die Sendung wurde unterbrochen. Stellt sich fast die Frage, wann wir derartige Vorkommnisse hier zu beklagen haben.
Wenn die Herrschenden sich mit dem Renommee demokratischer Systeme schmücken, die es ermöglichen, Regierungen von nicht demokratischen, gefährlichen und von der Bevölkerung ungewollten Maßnahmen durch Kontrolle abhalten zu können, dann gilt nun die Probe aufs Exempel. Es ist an der Zeit, diese Regierung an ihrer kriegstreibenden Politik zu hindern und ihr die Rote Karte zu zeigen. In einer kaum je zuvor vorkommenden Übereinstimmung stellen derzeit demoskopische Erhebungen fest, dass die Bevölkerung zu einem großen, überwältigenden Teil die nicht mehr zu ertragende Kriegshetze der Regierung ablehnt und fordert, sie einzustellen und davon abzulassen. Am gravierendsten ist übrigens die Analyse der Einstellung bei den Anhängern der Sozialdemokratie. Dort sind über 90 Prozent gegen den Kriegskurs der eigenen Regierung, an der Sozialdemokraten beteiligt sind. Wer dort nicht die weitere Talfahrt der eigenen Partei mit ansehen will, muss den Aufstand proben.
Der Kurs der eigenen Regierung ist verfassungswidrig. Das Szenario gleicht einer gouvernementalen Heimsuchung. Bis dato liegen keine Anzeichen vor, dass die Regierung gewillt ist, daran etwas zu ändern. Vielleicht glaubt sie ja noch, sie müsse in diesen schweren Zeiten die viel gerühmte Verantwortung übernehmen. Das wird sie müssen. In jederlei Hinsicht!

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In letzter Zeit erlebe ich immer mehr , das unsere Regierung Urteile des Bundesverfassungsgerichts einfach ignoriert, vor allem in Europa-Angelegenheiten. Daß dies ein Verstoß gegen Art. 20,Abs. 3 bedeutet, scheint nicht zu interessieren. Im Internet-Zeitalter eine gefährliche politische Einstellung. Dass zudem die höhere Wahlbeteiligung von den Protestwählern kommt, scheinen die führenden Politiker der sog. „Volksparteien“nicht zu bemerken. Vielleicht gibt die Europawahl einen Weckruf. Eine Mindestquote dürfte erneut am Verfassungsgericht scheitern.
Der sogenannte „Syrische Bürgerkrieg“ ist sei seinem von außen initiierten Beginn 2011 ein internationaler Skandal erster Güte und zwar HAUPTSÄCHLICH des Westens, wobei ich Iran, Russland und die Türkei nicht zum Westen rechne, diese Staaten aber durchaus auch wesentlichen Anteil am Problem haben!
Die USA aber und kleinere NATO-Vasallen wie UK, Kanada, Frankreich, die Niederlande, Belgien, Dänemark und die Fotos aufklärenden Deutschen in ihren Oldtimer Jets teilen sich den Löwenanteil an der Situation in Syrien. Die USA und die Türkei aber halten syrisches Territorium besetzt, was ein absoluter Verstoss gegen die internationale Grundregel der territorialen Integrität von Staaten ist. Damit, und wegen ihres permanenten Missbrauchs der UN für ihre Zwecke, ist der internationalen Sicherheitspolitik ein schwerer, möglicherweise irreparabler Schaden entstanden, was wir – wie ich leider befürchte – wohl bald merken werden…
Gab es eine Friedensbewegung auf den Straßen, in der Gesellschaft? Nun, die muß ich wohl übersehen haben…