Der Begriff der Heimat ist wieder up to date. Nach den Rauschphasen, in denen Internationalismus und Kosmopolitismus das non plus ultra darstellten, nach einer allgemein angenommenen und akzeptierten Globalisierung, scheint plötzlich dieser Begriff wieder auf, der besonders in Deutschland immer darunter litt, dass er ideologisch überfrachtet war. Für die in Europa großen Auswanderernationen, zu denen die Deutschen im Hinblick auf die USA auch gehören, gelten weniger politisch belastete Heimatbegriffe. Italiener und Iren, die es in weitaus höherem Maße rund um den Erdball verschlagen hat, definierten ihren Heimatbegriff außer der Sprache immer mehr über Küche und Familie, Musik und Tradition. Nur in der deutschen Variante schwang immer auch eine reaktionäre politische Attitüde mit. Was nicht davon abhalten soll, die Renaissance des Begriffs Heimat ernst zu nehmen und zu überlegen, was dahintersteckt.
Zum einen: auch die Deutschen haben ein Recht auf Heimat. Sie haben ein Recht darauf, sich darüber auseinanderzusetzen und dieses öffentlich zu tun. Gerade die Geschichte der politischen Kontaminierung macht es zwingen erforderlich, über Heimat in der Öffentlichkeit zu sprechen und zu definieren, was sie für die zeitgenössischen Generationen bedeutet.
Eine Erklärung für die neuerliche Hausse der Heimat kann sicherlich in der Globalisierung gesehen werden. Mit ihr einher ging die große Unordnung und Orientierungslosigkeit für immer mehr Menschen. Indem sie ihre Aufmerksamkeit auf den Raum lenken, in dem sie sich selbst ganz konkret mit ihrer Existenz physisch bewegen, holen sie sich den Gegenstand der Debatte in ihren eigenen Lebensbereich. Das ist gut so, denn wir wissen, die Welt liegt im Detail. Sollte es gelingen, an dem konkret erlebbaren Mikrokosmos Exempel für das soziale und kulturelle Leben zu statuieren, die in der allgemeinen Debatte um die Globalisierung unter dem Vorzeichen des Wirtschaftsliberalismus unterzugehen drohen oder bereits untergegangen sind, dann wäre etwas sehr Positives erreicht. Dann könnte die Diskussion um Heimat eine überaus wichtige Rolle spielen bei der Aufarbeitung verlorener Identitäten und zunehmender Entfremdung. Insofern der Appell: Bitte die Diskussion um Heimat nicht im Keine diskreditieren, sondern aktiv die Faktoren formulieren, die wichtig sind, um Heimat zu bestimmen.
Denn Heimat ist bei aller Konkretisierung ein Begriff der Meta-Ebene. Selbst wenn ihr ganz konkrete Geographien, Gerüche, ethnische Ensembles oder musikalische Muster unterlegt werden, sie bleibt ein Konstrukt in den Köpfen derer, die sich darauf einigen. Alle anderen, die an diesem fiktiven Ort ebenso präsent sind, sich aber nicht auf den gelebten Begriff einlassen wollen, sind die Outcasts im eigenen Land.
Und gerade weil Heimat immer ein Begriff der Meta-Ebene ist, sollte nicht versäumt werden, neben den konkreten Lebensbräuchen, der Gestaltung des öffentlichen Raumes und der kulturellen Tradition auch über das zu streiten, was in der deutschen Sprache mit dem treffenden Terminus der geistigen Heimat beschrieben wird. Das könnte der Schlüssel sein zu einer revolutionären Wendung in einer ansonsten verstaubten Auseinandersetzung. Die bewusste Hinzunahme der geistigen Voraussetzungen für die Definition der Heimat verhindert die verdeckte Ideologisierung der Heimat hinter der Küchenschürze. Der Ort und die Konkretion, derer Heimat bedarf, hat in der Definition der geistigen Heimat nichts zu suchen. Da ist der Mensch zuhause, wo er auf Wesen trifft, die das Leben in gleicher Weise leben wollen, jenseits der Geographie, des Klimas oder der Zunge. So wird der Entwurf aussehen müssen.

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Osho: „Suche deine Heimat in der Heimatlosigkeit.“
Simone Weil: „Die Verwurzelung ist wohl das wichtigste und am meisten verkannte Bedürfnis der menschlichen Seele.“
Diese Gemeinschaft in der jeweiligen geistigen Heimat grenzt sich von Andersdenkenden ab.
„“ …grenzt sich von Andersdenkenden ab.““
jain …
Es ist ja das biologische Erfolgskonzept des HomoSapiens … die Zusammenfindung in Kleingruppen , und nicht nur Familie … einst in der Höhle 20 bis 30 Individuen , später dann das Dorf bis etwa 200 Individuen . Das ist bis heute das Feld , das der Homo Sapiens überhaupt „erfassen“ kann .
Also das was eigentlich Heimat ist … Heimat = Heim-(Konklomer)at …
Diese Zusammenfindung erzeugt natürlich parall auch Abgrenzung … also „meine“ Höhle … „deine“ Höhle … rsp. Dorf …
Diese Zusammenfindung ist jedoch „human durchlässig“ …
Ein (anfangs) Fremder wird durchaus akzeptiert und aufgenommen … Er/Sie nimmt dann alsbald den Duft der Höhle an … und wird assimiliert ! … und erweist sich oft als „befruchtend“ für die Gemeinschaft … sowohl genetisch als auch , vor allem , kulturell und kognitiv …
Eine Begrenzung findet diese Aufnahmebereitschaft jedoch in der schieren Zahl der Aufnahmebegehrenden … Werden es zuviele , in zu kurzer Zeit … erfolgt Abwehr …
Der Grund ist nicht Überdruss des „Fremden“ sondern kluge Aufrechterhaltung der verbindenden Gemeinschaft und Schutz vor Überforderung ihrer „assimilierenden“ Potenz .
Natürlich ist es nicht nur die besagte Anzahl der Fremden , sondern auch ihre jeweilige Fähigkeit / Bereitschaft zur Assimilation ( und nicht nur oberflächliche Integration ! ) die da Grenzen setzt …
Vernüftige Grenzen , wie ich meine …
Tja … es gehört wohl nicht viel dazu , dieses Höhlenszenario von „Heimat“ und „Fremd“ auch auf unsere Zeit und Situation zu übertragen … Und wer glaubt , wir hätten den Höhlenmenschen in uns schon lange hinter uns gelassen , könnte sich sehr täuschen …
😉
Was dem Italiener die Küche, ist dem Deutschen die Sprache. Die Heimat ist ne Schnapsidee von Dichtern und Germanisten, aufgegriffen von nem Eisernen Kanzler, die vielen Heimaten zu unterjochen. Der Punkt: Wie sind längst nicht zusammengewachsen und haben noch nie fertig gestritten, ob wir überhaupt zusammen gehören.
Ob Gefühle in Worte gefasst oder Zutaten zur Pizza geformt werden, beides bewirkt heimische Vertrautheit. Dazu braucht es nicht den eisernen Griff eines Europas, dessen kleinster gemeinsamer Nenner reine Geldgier ist.
Geld ist halt der Inbegriff des gemeinsamen Nenners. Und bisher war das Europa ja eine ganz gute Hebelverstärkung für den eisernen Griff des deutschen Geldes, dass wir uns mit unserer Zahlungskraft überall zu Hause fühlen können. Hach, ich freu mich schon auf den Skiurlaub in Tschechien…
Schön, dass wir uns alle jetzt das leisten können. Verbindlichste Grüße auch an den Scheich von Katar noch. 💰
Richtig. Als wir in Franken Besuch aus Hamburg hatten, haben wir uns über die Volksstücke im Fernsehen unterhalten, ob hier Dialekt gesprochen wird. Dies wurde verneint.Als Kostprobe sprach der Hamburger sein Platt. Dan ich als gebürtiger Oberschwabe schwäbisch-alemannisch. von beiden jeweils Kopfschütteln. Oder die spaßige Abwandlung eines Liedes: Kein Feuer kann
brennen so heiß, wie die heimliche Liebe zwischen Bayer und Preuß.
Wenn ich zaubern könnte und Sie jetzt in einen moslemischen Sudankraal beamen würde, dann wissen Sie, was Heimat ist.So einfach kann man es auch beschreiben.