Friedrich Nietzsche war es, der auf die Frage, ob der Mensch in der Lage sei, die Natur zu vernichten, das Bild mit dem Ochsen lieferte. Eben wie ein solch starkes Tier die lästigen Insekten im Sommer, ebenso werde die Natur die Menschen von sich abschütteln, wenn es ihr zuviel werde. Aber natürlich musste der Philosoph, der nichts mit dem Gott des Abendlandes am Hut hatte, so reden. Dennoch finden sich in seinem Werk Hinweise, die eine Art historischen Determinismus durchaus vermuten lassen. Bestimmte Ereignisse in unserer Geschichte haben einen antizipierenden Charakter. Das Maß und die ganze Dimension der frühen Botschaft wird allerdings erst später, aus der historischen Betrachtung deutlich.
In diesem Licht erscheint die gegenwärtige Sintflut, die sich anschickt, die Mitte Europas und seine Protagonisten zu ertränken wie die Ratten, als ein derartig antizipierendes Ereignis, das vor allem Einstellung und Verhalten der dortigen Bewohner auf recht unkonventionelle Weise in Rechnung stellt. Und bei genauem Hinsehen verwundert doch gar nicht, dass die Mächte der Natur nun zuschlagen, um dem ganzen Elend ein Ende zu bereiten.
Wie sollte es denn für das Nicht-Humane-Sein noch zu ertragen sein, dass alle Energie, die dem Menschen in diesen Breitengraden zur Verfügung steht, verbraucht würde zur Austragung von Scheindebatten und zur Zelebrierung einer praktisch folgenlosen Symbolpolitik? Alles Gewese und Kommunizieren führt zu keinen Lösungen, es geht immer nur um partikulare Interessen und nicht um etwas, was die Römer noch als Res Publica, die Sache der Öffentlichkeit, bezeichneten. Wie die Raffgeier sitzen die einzelnen Lobbygruppen an ihren Zähltischen und führen Buch über den Ertrag. Und es ist nicht nur ein Verhalten, das man bequemerweise den Politikern vorwerfen darf. Das Ausmaß an Verwahrlosung scheint in jedes Zimmer.
Das, was als das Kommunikationszeitalter bezeichnet wird, hat in der Mitte Europas seine eigene Grundlage verloren. Der Kommunikationsforscher Micheal Tomasello, der am Max-Planck-Institut in Leipzig, jener Stadt, aus der Nietzsche kam, über die Ursprünge der menschlichen Kommunikation forschte, kam zu dem Ergebnis, dass die primordiale Voraussetzung gelungener Kommunikation eine gemeinsame Intentionalität sei. Das ist so lapidar wie selbstverständlich. Im Fazit trifft es aber den Nagel auf den Kopf: Die hierzulande allzuoft beklagte fehl geschlagene Kommunikation scheitert zumeist an einer nicht vorhandenen gemeinsamen Absicht.
Und während es kübelweise weiter schüttet und im wahren Sinne des Wortes Mitbürger in den Fluten ertrinken, scheint die Lektion immer noch nicht begriffen worden zu sein. Schon taumeln wieder irgendwelche, dahergelaufene Profilneurotiker vor die laufenden Kameras und faseln etwas von schlechten Katastrophenplänen, von einer defizitären Ausrüstung des Katastrophenschutzes und notwendigen Frühwarnsystemen für extreme Niederschläge im Sommer. Und wieder sind unter den Zeugen dieser delirierenden Aussagen viele mächtig davon beeindruckt und werden bei der nächsten Wahl, die ja nicht mehr lange auf sich warten lässt, diesen verwirrten armen Seelen ihre Stimme geben.
So genommen bleibt der Kreislauf einer nicht mehr zutreffenden Wahrnehmung stabil und das ganze Geschmeiß, das sich jetzt von der Sintflut temporär bedroht fühlt, wird so weiter machen wie bisher. Es werden noch die Welterklärer auftauchen, die es auch schon immer gewusst haben, wohin die ungezügelte Lebenslust führt, und die Misanthropen, die schon immer wussten, dass das alles sowieso nichts werden kann. Stimmen, die eine Vorstellung von einem guten Leben nach der Flut haben, sind bis jetzt nicht zu hören. Und sollten sie laut werden, wird man sie schnell zum Schweigen bringen. Wäre ja noch schöner! Und wer nicht lernen will, muss sterben. Das war schon immer so. Und vielleicht ist es auch gut so!

Möglicherweise wäre schon eine erster Schritt getan, wenn es zum Allgemeingut würde, das wir ein kleinerTeil Natur sind, und nicht Herren von etwas, was wir ’natürlich‘ nennen.
Aber ja doch, die koloniale Sicht auf die Natur sollte, sollte längst im Archiv sein!
Hat dies auf Germanys next Kabinettsküche rebloggt und kommentierte:
Vielen Dank, lieber Gerhard Mersmann für das Platznehmen am next Kabinettsküchentisch. Ich freue mich sehr, erkenne ich doch schon beim Lesen dieses Blogbeitrages eine Sicht auf die Dinge, die mir sehr vertraut erscheint. Ich werde mit Lust am Text mit Freude bei Ihnen/Dir stöbern und das eine und andere auf den Kabinettsküchentisch zur allgemeinen Lektüre legen.
Ein schönes Wochenende wünscht die Social Secretary
Da fühle ich mich sehr geehrt!
Man sollte der Versuchung widerstehen, ein Hochwasser, das Medien, den Politikern, den Zynikern, Pessimisten etc. der Himmel schickt – zugegeben -, eben darum als eine Sintflut anzunehmen, weil sich fragwürdige und -ja- überflüssiger Berufs-, Existenz-, Gelegenheits-, Daseins-Zweck in ihm erfüllt und man gewiss den Eindruck haben kann, auch fern davon dran zu ersaufen. Es ist noch immer nur, was es früher ganz selbstverständlich war: ein Hochwasser. Die Sintflut, mit der wir es zu tun haben, führt kein Wasser, sie ist Abfluss.
Ich lese gerade ein BUCH über NIETSCHE…..hab einen schönen ABEND…LG ANDREA:))