Nun hat sie ihn, die katholische Weltkirche! Der neue Papst, der als Erzbischof von Buenos Aires in einer bürgerlichen Wohnung statt in einer klerikalen Residenz wohnte, dessen Vater Eisenbahner war und der mit fünf Geschwistern aufwuchs. Er, der ganz nach alter Tradition aus der katholischen Armut dem Herrn geopfert wurde und das große Bildungsglück genoss, Priester werden zu dürfen. Jorge Mario Bergoglio, der sich künftig Franziskus I. nennen wird, um seine Bestimmung für die Linderung der Armut zu unterstreichen, hat sich als Schattenkandidat gegen die Big Shots im papistischen Wahlkarussell durchgesetzt. Weder der Kandidat aus Sao Paulo noch sein ebenso favorisiertes Pendant aus Mailand machten das Rennen. Wie so oft blockierten sich wohl die beiden gesetzten Protagonisten und Kardinal Bergoglio zog an ihnen vorbei. Fakt ist, dass zum ersten Mal ein Papst von dem Kontinent kommt, auf dem die meisten Katholiken leben. Die europäische Dominanz ist damit ebenso gebrochen wie das Tabu der lebenslangen Amtsführung durch seinen Vorgänger.
Obwohl gleich zwei Tabubrüche die Vermutung ermutigen würden, von einer Zeitenwende in der katholischen Kirche zu sprechen, sollten selbst die Gläubigsten nicht zu emphatisch werden. Auch wenn das Weltchristentum mit 2,2 Milliarden Menschen dem der Muslime mit nunmehr 1,6 Milliarden Gläubigen quantitativ überlegen ist, hat aus Sicht der katholischen Kirche das eigene Haus mit gegenwärtig 1,2 Milliarden Anhängern den schwersten Stand. Da konnte es sich bestimmte Defizite im Management nicht mehr leisten. Benedikt XVI. galt seit einigen Jahren als physisch nicht mehr auf der Höhe, seine Altersschwäche ließ es nicht zu, mit Auswüchsen des papistischen Machtapparates, so wie sie gerade in den letzten 12 Monaten durch die Weltpresse gingen, aufzuräumen. Ein hohes Maß an Eigendynamik hatte sich aus der römisch-papistischen Beamtenelite entwickelt. Das reichte von bestimmten Geschäftsfeldern über Beteiligungen bis hin zu persönlichem Fehlverhalten. Eine Amtskirche, die ihrerseits global im scharfen Wind der Konkurrenz steht, konnte sich diese Zustände nicht mehr leisten.
Die erstmalige Wahl eines Jesuiten, eines miles christianianus, ist unter diesem Blickwinkel keine Überraschung. Auch wenn die Kommentatoren und so genannten Experten der katholischen Kirche nun betonen, es handelesich bei Jorge Mario Bergoglio um einen Latino und Prister der Armen, so wird der Kampf für soziale Gerechtigkeit nicht der Auftrag sein, den ihm das Konsortium der herrschenden Kardinäle erteilt hat. Vielmehr wird der neue Papst als Manager des kirchlichen Apparates eine Sanierungsprojekt nach jesuitischer Art ins Leben rufen, dessen Ziel es sein wird, dekadente Würdenträger in die klösterliche Besinnung zu treiben und die Institution nach dem Konzept der Soldaten Gottes wieder schlagkräftiger zu gestalten.
Wie so oft auf den Feldern der weltlichen Politik vorexerziert, auf denen man programmatische Kriegsgegner benötigt, um die Notwendigkeit des Krieges dem Volk zu kommunizieren und Vertreter der sozialen Gerechtigkeit das wiederholt mit schmerzhaften Sparprogrammen tun müssen, genau so wird der Priester der Armen den Armen zu verkaufen haben, den Gürtel angesichts des Kampfes um globale Vorherrschaft enger schnallen zu müssen. Das wird ihm nur gelingen, wenn er den papistischen Apparat kriegsfähig macht und seine Glaubwürdigkeit durch den Kampf gegen die Ausschweifung wieder zurückgewinnt. Für diese Aufgabe ist Kardinal Jorge Mario Bergoglio nahezu ideal. Das Herz der Armen dagegen wird weiter auf den wärmenden Strahl der Sonne warten müssen.

Ich war in Ihrem Post überrascht über die Formulierung „den päpstlichen Apparat kriegsfähig machen“. Wurde in den meist euphorischen Kommentaren oder TV-Übertragungen Franziskus als ein menschennah und demütig auftretender Papst vermittelt. Es menschelte so wunderbar. Ich hatte vergessen, dass er der Chef eines weltweiten Konzerns ist, für den gilt, was für jeden internationalen Konzern gilt: Global Business ist Global War. Und die Jesuiten waren dabei stets die Elite der Global Warriors. Bei der Missionierung Südamerikas, Japan, Chinas, indien etc. .