Die Erkenntnis, in einem Zeitalter der instrumentellen Vernunft zu leben, kommt so manchem Chronisten bereits aus den von Wurmstich befallenen Ohren heraus. Und die Überprüfung der aus der Erkenntnis abgeleiteten These ist eine leichte frühsportliche Übung. Die Vorstellung, unsere Welt zu gestalten, wird im Allgemeinen gleichgesetzt mit der Wahl der Instrumente, die man dazu zu benötigen glaubt. Das Verhältnis von Ziel und Mittel ist reichlich durcheinander geraten und es gilt als durchaus schick und smart, die Kausalität von beidem zu leugnen und auf den zweifelsohne vorhandenen Doppelcharakter von beidem zu pochen.
Management, dessen Begriff sich aus dem italienischen menagere ableitet, was soviel bedeutet wie im Kreise herum führen, konditionieren, domestizieren und zivilisieren, gilt als beliebig. Dabei handelt es sich um einen komplexen Prozess, der zweifelsohne mit dem Begriff Führen überschrieben werden kann. Es ist aber nicht nur das direkte, auf soziale Interaktionspartner abzielende Führen, sondern auch das Hinführen einer ganzen Organisation zu bestimmten Zielen. Letzteres setzt den Willen und die Fähigkeit voraus, Entscheidungen zu treffen und deren Konsequenzen zu tragen.
Die Verwissenschaftlichung unserer gesamten Lebenswelt hat den Trugschluss genährt, man könne quasi für jede Situation im Leben ein Instrument finden, dass es einem ermöglicht, die richtigen Entscheidungen zum richtigen Zeitpunkt zu treffen. Nichts bleibt dem Zufall überlassen, alles ist planbar und so genannte Frühwarnsysteme ermöglichen es, aufkommende Gefahren frühzeitig zu identifizieren und sich entsprechend zu verhalten. Je weiter man den Markt der Managementinstrumente sondiert, desto tiefer dringt man ein in mathematisch operierende Systeme, die letztendlich quasi von selbst das erledigen sollen, wofür der Manager eigentlich da ist.
Das Wesen von Menschen in Führungsverantwortung wird jedoch nicht daran abgelesen werden können, inwieweit sie dem Determinismus von Instrumenten folgen, sondern ob es ihnen gelingt, in konkreten Situationen abzuwägen, zu vergleichen und zu handeln. Letzteres hat etwas mit Mut, strategischer Kompetenz, Erfahrung, Wille und Charakter zu tun. Je mehr diese Eigenschaften schwinden, desto größer der Bedarf nach Instrumenten, die das Fehlende ersetzen sollen.
Das Führen und Entscheiden jenseits der Arithmetrik ist bis zu einem gewissen Grad erlernbar, da ohne Instrumente und helfende Ordnungsprinzipien die eigentliche Kür nicht zum Tragen kommt. Letztere ist die praktische Entscheidung in einer konkreten Situation, die nicht mehr alleine von handwerklich Erlernbarem bestimmt, sondern getragen wird von einer Vision über Zukunft, einer Vorstellung von strategisch wirksamen Faktoren und einem Gespür für die zu erwartende Resonanz, im positiven wie im negativen Sinne. Diese Form von Management, die eigentliche, ist hohe Kunst, weil sie jenseits der Übung geprägt wird von existenzieller Verpflichtung und individueller Note.
