Kosmopolitische Befindlichkeiten

In Italien, dem Land der Oper, das von einem Medienzar regiert wird, steht ebendieser zur Zeit vor Gericht wegen seiner berüchtigten Bunga Bunga-Partys und dem Sex mit minderjährigen Prostituierten. Gleichzeitig, quasi aus dem Gerichtsgebäude heraus, erteilt der angeklagte Präsident Befehle Richtung Lampedusa, jener Flüchtlingsinsel südlich von Sizilien, wo mittlerweile auf Ankömmlinge aus Tunesien geschossen wird wie auf die Hasen zur Jagd. In Frankreich, der Grande Nation früherer Zeiten, sucht ein ebenfalls ins Schlingern geratener Präsident sein Heil in der Attacke an allen Fronten. Zunächst stellte er sich beim Volksaufstand in Tunis hinter den Tyrannen Ben Ali und befahl schon die Bomber der Air France in die Luft, um ihnen, nachdem er erkannt hatte, dass das Volk nicht mehr zu bremsen war, das Abdrehen zu befehlen. Auch dieser Präsident bläst zum Halali, und zwar auf die Muslime im eigenen Land, denen er die Fähigkeit zum Code Civil abspricht, was immer das auch heißen mag. Und ihm ist daran gelegen, unbequemen Zeugen schnell das Mundwerk zu stopfen wie im Falle des Gaddafi Sohnes, der im libyschen Fernsehen mal eben ausgeplaudert hat, wie groß die libyschen Summen doch waren, die die Wahlkampfkosten des französischen Präsidenten gedeckt haben. Seit dieser Ansprache ward der Mann nicht mehr gesehen und die Bomber der Air France drehten auch bekanntlich nicht mehr ab.

Im kleinen Belgien hingegen kommt es zu gar keiner Regierung mehr, dort ist die so genannte Frittenrevolution ausgebrochen in zwei großen Volksgruppen, die sich zwar nicht sonderlich grün sind, aber einig über die furchtbare Qualität der politischen Klasse. In Portugal hat der Präsident alles hingeschmissen, weil der Rest des Parlamentes nicht einsehen will, dass man den Gürtel enger schnallen soll. Und in den Niederlanden, der einstigen Oase von Liberalität und Weltläufigkeit, ist man ermüdet von dem Anblick der vielen Coffee Shops und Kopftücher und will etwas mehr Ruhe und Ordnung, was immer das auch bedeuten mag.

In Deutschland, so heißt es mal wieder, wie schon so oft, kann es nach Fukushima nicht so weiter gehen wie bisher. Das Volk ist betroffen und die Politiker wären suizidal, täten sie es den Bewegten nicht gleich. The German Angst schwingt wie ein Diktator unerbittlich das Zepter auch über die Köpfe derer, die sich ihr Recht nicht absprechen lassen wollen, letztere und damit ihren Verstand zu benutzen. Es ist mal wieder Demagogenzeit und die Luft zum freien Atmen ziemlich dünn.

Im fernen Amerika, wo unsere Befreier wohnen, kämpft der Mann im Weißen Haus einen einsamen Kampf gegen eine moderne Reconquista, die sich auch noch Tea Party nennt. Er will weitermachen, ließ er jetzt verkünden, und er ist gut beraten, denn ein guter Boxer, der in der Ecke steht, der lässt nicht einfach die Arme sinken!

Und in China, dem Land, das so große Sprünge macht, da wächst mit der wirtschaftlichen Prosperität die Angst vor dem schleichenden Gift der Kritik und der Skepsis, die die Befreiung von den schlimmsten Nöten als Trend mit sich bringt. Da werden die Mächtigen mächtig lernen müssen, wollen sie nicht von den Geistern, die sie riefen, überrollt werden.