Verfolgt man die Journale, die sich exklusiv dem Thema Management und Managemententwicklung widmen, so erhält man sehr schnell einen Überblick über das, was in der Branche an Philosophie en vogue ist. Momentan gilt als modern und Ziel führend, wenn Manager Sinn vermitteln, wenn sie in der Lage sind, sich zu vernetzen und wenn sie mitreißen. Dabei wird vorausgesetzt, was sie eh schon immer können müssen: Sich selbst und Prozesse optimieren. Natürlich sollen sie nebenbei auch noch in der Lage sein, Komplexität zu reduzieren und Werte zu vermitteln. Kurzum, Management bedeutet Führung und Führung ist ein Universalthema, d.h. es ist sein Menschengedenken aktuell und in jeder Epoche gab es Anforderungen an Führung, die ihre Besonderheiten hatte, aber auch Spezifika, die sich mit der Zeit überlebten.
Interessant an der Diskussion in Deutschland ist seit einigen Jahrzehnten, dass man, wie auf vielen Feldern, stets für sich reklamiert, nicht Amerika zu sein, aber mit einer gehörigen Zeitverzögerung die Managementwellen der USA repliziert. Wie von Zauberhand tauchen nach den ersten Innovationen auf diesem Sektor auch deutschsprachige Publikationen auf, die den neuen Zungenschlag der Managementlehre für den deutschen Markt übersetzen. Eine publizistische Kampagne besorgt so die Bereitung des Markes für die Beratungsindustrie, die ihrerseits passgenau auf das neue Arrangement eine Dienstleistungspalette entwickelt, die dann an Unternehmen und Organisationen verkauft werden kann.
Die Funktionsweise ist legitim und nachvollziehbar, aber nicht unbedingt erfolgreich. Zum einen sollte man sich von der Illusion befreien, in führender Position keine Fehler zu machen. Sie sind schließlich die Bedingung für einen Lernprozess. Zum anderen sollte man sich die Fragen stellen, die zu dem Thema Führung in allen historischen Epochen relevant waren:
• Ist die Führungskraft von dem, was sie vermittelt, überzeugt und glaubt man es ihr?
• Ist sie in der Lage, komplexe Dinge einfach zu erklären?
• Trifft sie Entscheidungen und lebt sie in deren Sinn?
• Wie geht sie mit denen um, die sie führt?
• Definiert sie sich über die Macht oder den Auftrag?
Allein diese wenigen, recht einfachen Fragen, lassen erhebliche Rückschlüsse zu auf die Qualität von Führung, Management und Leadership. Allein an diesen Qualitäten zu arbeiten erfordert bei den Verantwortlichen und Beurteilten eine ganze Lebensspanne. Die literaturgestützte Beratung unterschlägt diese Tatsache, weil sie suggeriert, dass das Erreichen von Führungsqualität nach dem dernier cri in kurzen Intervallen, nur mit der richtigen Beratung, möglich sei. Aus Marktinteresse kann man diese Argumentation verstehen, realistisch ist sie nicht. Gutes Management und gute Führung sind eine Lebensaufgabe, die sich nicht auf das Erlernen einer Technik reduzieren lässt und viel Geduld und Demut erfordert.

Würde ich nicht das, wovon ich überzeugt bin, zum Ausdruck bringen, hätte ich nichts zu sagen. Dennoch vielen Dank für die positive Rückmeldung, das beflügelt natürlich immer ;-))