Was muss man tun, um über die Zukunft eines Landes eine halbwegs zuverlässige Prognose wagen zu können? Die beste Referenz für ein solches Unterfangen war in allen Epochen der Besuch von Bildungsanstalten. Denn dort ist die biologische Zukunft einer Nation versammelt. Man kann beobachten, wie sich die Kinder und Jugendlichen verhalten und sehen, was sie vermittelt bekommen und nach welchen Kriterien sie beurteilt werden. Worauf legt die herrschende Generation wert, was soll denn Jungen beigebracht werden und wer setzt sich durch. Da ist es zu empfehlen, sich heutige Kindergärten, Schulen und Sportvereine anzusehen und sich bei der Beobachtung von diesen Fragen leiten zu lassen.
So erzählte mir vor wenigen Tagen eine junge Frau von ihrem Erlebnis in einem konfessionellen Kindergarten in unserer Stadt, den sie besucht hatte, um einen Platz für ihren Sohn zu finden. Voller Stolz und Selbstbewusstsein habe man ihr die Einrichtung gezeigt, die Küchenausstattung im Design der teuersten Marke, ein naturwissenschaftliches Labor mit exquisiten Exponaten und ergonomische gestaltete Lehrräume. Natürlich, so hieß es, biete man den ab Dreijährigen Fremdsprachenerwerb an, und zwar Englisch und/oder Französisch. Dann wurde der jungen Frau noch ein Wickelraum gezeigt, der sie doch ein wenig befremdete, worauf sie die Erklärung erhielt, die Eltern legten primär wert auf das Erreichen der Bildungsziele, Fragen der persönlichen Hygiene seien daher auch eine originäre Aufgabe der Einrichtung.
Was die persönlichen Voraussetzungen für eine Aufnahme des Jungen anbelange, so sei man dann auch beim Thema. Man erklärte der Frau, ihrerseits eine Immigrantin mit Doktorgrad, dass sie wissen müsse, dass es sich um eine Einrichtung handle, in der jeweils bei beide Elternteilen Akademiker seien, und die Kinder der Elternpaare, die diese Qualifikation nicht auswiesen, fühlten sich sicherlich nicht sonderlich wohl. Desgleichen gelte für den Migrationshintergrund, der vieles erschwere und diese Stigmatisierung wolle man den Kindern doch besser ersparen. Da die Frau so etwas wie Selbstachtung mit sich brachte, indizierte sie weder ihren Doktorgrad noch die Ehe mit einem Akademiker, sondern verließ das Anwesen relativ entsetzt.
Einmal abgesehen davon, dass die Denkweise sowohl der Betreiber als auch der Eltern, die ihre Kinder dorthin schicken, sich in hohem Maße der Perversion annähert und dem Skandal, dass diese Institution durch öffentliche Gelder gefördert wird, stellt sich in Bezug auf die eingangs gestellte Frage der Zukunft ein ganz anderes Problem. Wenn nämlich die heutige Elite ihre Kinder separiert und unter klinisch reinen Bedingungen zur nächsten Elite sozialisiert, wird sich etwas herauskristallisieren, das zu einer dialogischen Inkompatibilität führt.
Der große Vorteil eines demokratischen Bildungswesens ist die gemeinsame Sozialisation unterschiedlicher Gesellschaftsschichten und die Fähigkeit polysozialer Kommunikation einer kompletten Generation. Folgte man dem Weg einiger verstörter und sich im Stadium der Dekadenz befindlicher Eliten, so erhält man das, was angesichts der obigen Schilderung und unter Beibehaltung der Metaphorik nur zu einer Beschreibung der neuen Elite führen kann: Polyglott und zugeschissen!
