Mit dem Monat August macht sich nun auch der Süden der Republik in den Urlaub, während in anderen Bundesländern zumindest die Schule bereits wieder beginnt. Unternehmen kämpfen sich von Nord bis Süd durch die Krise und die turnusmäßige Flaute des hohen Sommers, die Parlamente sind verwaist, die meist verbeamteten Vertreter des Volkes weilen ebenfalls im Urlaub, mal mit dem privaten Auto, mal mit dem Dienstwagen oder der Flugbereitschaft. In den Städten wird es leerer und legerer, für einige Wochen könnte man glauben, in der Republik lebten glückliche Menschen. Nachts wird es länger, morgens später, in den Straßen riecht es nach Gegrilltem und hier und da einer guten Zigarre. Aus den Gärten und Hinterhöfen erschallt Gelächter und im Morgengrauen schreien die Kater, als ginge es um ihr Leben.
Dass es in einer solchen Zeit nicht leicht ist, die Menschen aus der etwas zurück gelehnten, genießerischen und lebensbejahenden Laune zurück zu holen in die politische Lagersymbolik, das muss ohne jede Polemik zugestanden werden. Auch die Deutschen haben ein Recht auf den temporären Müßiggang. Wir, von denen die Latinos sagen, man höre eine Uhr ticken, sobald wir den Mund aufmachen, frönen ein einziges Mal der Arithmetik, dass die Fünf eine gerade Zahl ist, und schon klopft die Politik wie eine lästige Schmeißfliege ans Hoftor und will uns ablenken, damit das schöne Steak auf dem Grill verkohlt. Das, liebe Politiker, mögen wir nicht, und wenn wir uns schon einmal entschieden haben, für ein paar Wochen den Liederjan zu spielen, dann wollen wir dabei nicht gestört werden.
Enerviert nehmen wir zur Kenntnis, dass die Parteien, die aufgrund der Vogelschau noch einiges bewegen müssen, um ihr Ziel zu erreichen, jetzt so langsam aufdrehen und an den 27. September gemahnen, wo es bei der alles entscheidenden Wahl natürlich wieder einmal um unser Schicksal geht. Und um die Zukunft. Und um die Gerechtigkeit. Und um die Nachhaltigkeit. Und um den Weltfrieden. Und überhaupt. Die einen wollen die Arbeit abschaffen bei vollem Lohnausgleich, die anderen alle Gesetze bei gleicher Sicherheit. Wieder andere machen eine Girlie-Show mit mäßigen Modellen und versprechen Milch und Honig bis zum Stichtag in elf Jahren. Madame de Meck et Pommes macht keine Politik, denn sie weiß, wie der Michel tickt und spekuliert auf dessen Hang zur Ruhe.
Und irgendwie interessiert uns das alles gar nicht. Neben dem schönen Leben ist uns mal ganz entspannt nach einem dicken Buch mit Niveau, wo noch Figuren drin vorkommen, die interessant, vielleicht sogar ein bisschen kompliziert sind. Jedenfalls anders als das, was wir das ganze Jahr erleben. Sie dürfen sogar frivol und lüstern, anarchisch oder gar rebellisch sein. Nur nicht konform und orthodox, bieder und schmallippig. Denn das ist allzu realistisch, in einem Land, in dem das Lachen meist nur im August aus nächtlichen Hinterhöfen und Gärten dringt. Der Politik möchte man den Rat geben, das Idyll der Deutschen in den nächsten Wochen nicht zu stören, denn sonst geraten sie ganz durcheinander und werden wütend. Vielleicht werden sie dann vor lauter Unordnung noch frivol und lüstern, anarchisch und rebellisch! Vermasselte Hundstage sind ein schlechtes Vorspiel für eine Wahl, bei der es mal wieder um Deutschlands Zukunft geht!
